Problemfälle nehmen drastisch zu
Reise-Ombudsman ärgert sich über Airlines

Ab sofort bearbeitet die Ombudsstelle der Schweizer Reisebranche keine Beschwerden mehr gegen Fluggesellschaften, die direkt gebucht wurden. Ombudsman Walter Kunz erklärt, warum Airlines keinen Anspruch auf kostenlose Vermittlung haben sollten.
Publiziert: 18.09.2024 um 18:13 Uhr
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Bei Problemen sind die Fluggesellschaften für Passagiere oft nur schwer zu erreichen.
Foto: Siggi Bucher

Auf einen Blick

  • Die Ombudsstelle der Reisebranche bearbeitet keine Fälle mehr zwischen Direktbuchern und Airlines
  • Airlines profitieren kostenlos von der Ombudsstelle, zahlen nicht für die Vermittlung
  • Das Bazl behandelte 2023 rund 7000 Fluggast-Anzeigen
Die künstliche Intelligenz von Blick lernt noch und macht vielleicht Fehler.
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Jean-Claude RaemyRedaktor Wirtschaft

Gab es eine Unstimmigkeit zwischen einem Passagier und einer in der Schweiz aktiven Fluggesellschaft, konnte der oder die Geschädigte bislang die Ombudsstelle der Schweizer Reisebranche kontaktieren. Diese versuchte, als neutrale Stelle zu vermitteln.

Doch diese Möglichkeit gibt es ab sofort nicht mehr – zumindest für jene, die ihren Flug direkt bei einer Airline gebucht haben. Walter Kunz (63), seit Juni 2024 als Ombudsman für solche Fälle zuständig, zieht die Reissleine: «Wir bearbeiten nur noch Probleme mit Flügen, die über ein Reisebüro oder einen Reiseveranstalter gebucht wurden», erklärt er im Branchenportal Travelnews.

Airlines zahlen nicht für Vermittlung

Warum? Das hat mit der Finanzierung der Ombudsstelle zu tun. Diese wird von der Schweizer Reisebranche – also von Reiseveranstaltern und Reisebüros – alimentiert. Fluggesellschaften sind an dieser Finanzierung nicht beteiligt. «Insofern haben Airlines bisher von unseren Dienstleistungen profitiert, ohne dafür etwas zu leisten», erklärt Kunz gegenüber Blick.

Das ist relevant, weil inzwischen über 20 Prozent aller Fälle auf der Ombudsstelle – rund 200 Streitfragen – ein Problem mit Airlines beinhalten. «Mal wurden Rückflüge ohne Zutun des Passagiers storniert, mal wurden Tickets doppelt belastet, mal ist es ein Gepäckproblem – und weil die Konsumenten bei der Airline nicht durchkommen, wenden sie sich an uns», so Kunz. Doch er ist nicht gewillt, weiterhin «Gratis-Arbeit für die Airlines» zu leisten.

Pikant: Kunz hat zunächst die Swiss kontaktiert. Diese hat ihn an das «Board of Airline Representatives» (BAR) verwiesen. Dieser Branchenverband vertritt rund 40 Fluggesellschaften, die in der Schweiz aktiv sind. Logisch: Problemfälle gibt es nicht nur mit der Swiss, sondern auch mit anderen Airlines, die ab Schweizer Flughäfen fliegen. Doch einen «nicht kostendeckenden» Finanzierungsvorschlag von Kunz lehnen die Airline-Vertreter ab. «Die hätten pro Airline nicht einmal 1000 Franken pro Jahr bezahlen müssen, damit wir uns solcher Fälle weiterhin annehmen, und diese nicht bei ihnen oder gar vor Gericht landen», so Kunz.

Das Bazl braucht lange für Fall-Behandlung

Grundsätzlich ist das Bundesamt für Zivilluftfahrt (Bazl) die offizielle «Durchsetzungsstelle für Passagierrechte». Deshalb verweisen die Airlines ans Bazl. Dessen Sprecher Christian Schubert bestätigt dies und erklärt gegenüber Blick, dass das Bundesamt im vergangenen Jahr rund 7000 Anzeigen von Fluggästen behandelte. In 60 Fällen wurde eine Airline vom Bazl wegen eines Verstosses gegen die Fluggastrechte gebüsst.

Allerdings sei das Bazl «wegen Corona und wegen limitierter Ressourcen» in Rückstand mit der Bearbeitung der Fälle. Diese werden chronologisch bearbeitet. «Es ist Geduld gefragt», so Schubert. Die Bearbeitung könne bis zu ein Jahr beanspruchen.

Kunz bedauert, dass die Airlines dieser Form von Kundendienst so wenig Wichtigkeit beimessen. Zudem sei vielen Betroffenen nicht klar, an wen sie sich im Problemfall wenden können. Die Ombudsstelle der Schweizer Reisebranche hat zwar vor kurzem neue Mandate übernommen – jetzt vermittelt Kunz auch bei Streitigkeiten mit Hotels, kommerziellen Ferienwohnungsanbietern und Jugendherbergen in der Schweiz. Als Anlaufstelle für alle Reiseanliegen fungiert sie aber noch nicht.

Blick hat die Swiss auf die Entwicklung beim Ombudsman angesprochen. Die Airline verzichtet aber auf eine Stellungnahme und verweist an das BAR. Unsere Anfrage dort ist noch pendent.

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