Der Preisüberwacher Stefan Meierhans (53) hat «starke Hinweise» dafür gefunden, dass die Spitäler zu viel kassieren für Leistungen, die sie bei Zusatzversicherten erbringen. In die gleiche Richtung zielte bereits die Eidgenössische Finanzmarktaufsicht Finma, die im Dezember intransparente und unbegründet hohe Rechnungen kritisiert hatte.
Die Hinweise des Preisüberwachers würden darauf hindeuten, dass die Zusatzversicherungstarife die von den Spitälern ausgewiesenen Kosten der Leistungen für Zusatzversicherte klar übersteigen würden, schreibt Meierhans in einem Newsletter vom Dienstag. «Dies schafft Anreize, bei zusatzversicherten Patienten medizinische Behandlungen auch dann durchzuführen, wenn keine zwingende medizinische Indikation besteht», heisst es.
Heisst im Klartext: Spitäler machen Untersuchungen, die nicht notwendig sind. Oder sie verschreiben Medikamente, die es nicht braucht. Und sie verrechnen Tarife, die zu hoch sind. Das machen sie, um die Kassen zu füllen – unter anderem auf Kosten der Allgemeinheit.
Unnötige Behandlungen
«Da auch die unnötigen Behandlungen über die Fallpauschalen der Grundversicherung abgerechnet werden, verschärft dieser Fehlanreiz den finanziellen Druck auf die Grundversicherung und trägt dazu bei, dass die Krankenkassenprämien unnötig steigen», so Meierhans im Newsletter.
Aber auch die Krankenzusatzversicherungstarife seien «flächendeckend» überhöht, stellt der Preisüberwacher fest. Die Prämien für Halbprivat- und Privatversicherungen seien «nicht zu rechtfertigen».
Für die Einschätzung hat der Preisüberwacher die effektiven Fallkosten von 147 Spitälern ermittelt. Die allgemeine Grundversorgung beläuft sich demnach auf durchschnittlich 9600 Franken pro Fall. Bei halbprivaten Kunden kommen dann aber Zusatzleistungen von jeweils 6745 Franken obendrauf – bei Privatversicherten belaufen sich die Extras sogar auf 8960 Franken.
Heikler Vergleich
Die Namen der Kliniken sind im Bericht nicht genannt. Zu sensibel ist das Thema. Aber klar ist: Die Fallkosten variieren von Spital zu Spital. Stark sogar. Die höchsten Fallkosten in der Halbprivatabteilung summieren sich auf nahezu 18'000 Franken. Sie sind fast doppelt so hoch wie die effektiven zusätzlichen Fallkosten für Halbprivatbehandlungen des durchschnittlichen Spitals. Und die sind achtmal so hoch wie beim günstigsten Spital (1959 Franken).
Gleiches Bild bei den Privatpatienten: Die durchschnittlichen Fallkosten, die zusätzlich zur Grundversicherung anfallen, betragen beim teuersten Spital über 19'000 Franken. Beim günstigsten hingegen weniger als 3000 Franken.
«Es ist aus Sicht des Preisüberwachers äusserst fraglich, ob die von den Spitälern erbrachten Mehrleistungen gegenüber den bereits von der Grundversicherung bezahlten Leistungen, die immerhin die gesamten Operationskosten sowie Hotel- und Pflegeleistungen auf einem guten Niveau umfassen, tatsächlich so viel wert sein können», heisst es im Newsletter.
Politik ist gefordert
Der Vergleich des Preisüberwachers ist der erste seiner Art. Die der Analyse zugrundeliegenden Daten wurden bei den zehn grössten Schweizer Krankenzusatzversicherern erhoben. Im Vorfeld der Publikation haben offenbar einige Spital-Anwälte versucht, gewisse Aspekte der Studie zurückzuhalten, wie die Zeitungen von «Tamedia» berichten.
Der Preisüberwacher empfiehlt, «umgehend» den gesetzlichen Rahmen anzupassen. «Um die Tarife flächendeckend auf ein vernünftiges Mass zurückzuführen.» Die Versicherer und die Spitäler sind aber auch gefordert. Sie sollen für mehr Transparenz sorgen, was die Finma schon im Dezember verlangt hat.
«Die kantonalen Gesundheitsdirektoren und auch das BAG müssen jetzt durchgreifen», fordert der Konsumentenschutz derweil in einer Stellungnahme. Die Organisation spricht von «Fantasiekosten», welche Spitäler über Zusatzversicherungen abrechnen würden. Überrissene Spitalrechnungen hätten System. Die Stiftung droht, «in konkreten Einzelfällen die Justiz einzuschalten». «Verschiedene Beispiele, die uns vorliegen, grenzen an Betrug», so Präsidentin Prisca Birrer-Heimo (62) in der Stellungnahme. (ise)