Auf einen Blick
Roger und Mirka Federer warten und warten auf die Vollendung ihres Familienglücks. Seit bald sechs Jahren träumen sie vom Leben in ihrer Liegenschaft mit 18’000 Quadratmeter Fläche, Seeanstoss, diversen Häusern, Fitnesscenter, Tennisplätzen, Sicht in die Alpen, fern vom Stadtlärm. Eigentlich war der Einzug in die Idylle bereits für 2021 vorgesehen.
Daraus wurde nichts, vielmehr schlägt sich die Familie Federer mit Behörden, Verbänden und Planern herum. Anfang Woche wurde bekannt, dass nun auch noch das Bundesamt für Umwelt (Uvek) eingegriffen hat, weil das geplante Bootshaus nicht den Vorgaben entsprechen soll. Es sind vielfältige Gründe, die zu dieser unendlichen Geschichte rund um das Bauprojekt führen.
Riskante Grundstückwahl
Roger Federer kaufte im Sommer 2018 das Grundstück in Kempraten bei Rapperswil-Jona SG, das Fläche für 25 Tennisplätze bietet. Das Grundstück hatte schon damals seine Tücken: Im Richtplan der Gemeinde war das Ufer als «landschaftlich empfindliches Siedlungsgebiet» eingetragen. Und dann passierte es: 2020 stiessen Bauarbeiter beim Aushub der Kanalisation auf Altlasten, die von der Essigsiederei und der Ziegelbrennerei stammten, die im 19. Jahrhundert auf dem Gelände standen.
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Beim Rückbau der Fabriken hatte man einen Teil des Bauschutts ins Gelände und ins Ufergebiet gekippt, in eine heute schützenswürdige Zone. Blick titelte damals in seiner Print-Ausgabe: «Federers Bauland hat ein schmutziges Problem». Nun waren vom Bauherrn Massnahmen gefordert. In einer Baueingabe verpflichtete er sich wörtlich, eine «Totaldekontaminierung des Grundstücks» vorzunehmen. Bei der Altlastensanierung musste ein bis zu neunzig Zentimeter grosses kontaminiertes Erdreich abgetragen und entsorgt werden. Zudem wurde ein neues Baugesuch fällig, das den Segen der Behörden benötigte. Das führte zu enormen Mehrkosten und monatelangen Verzögerungen.
Womöglich hat sich Federer die Haare gerauft. Denn anfänglich hatte er den Goldküstenort Herrliberg ZH im Visier, wo er 2011 dem Tech-Investor Peter Friedli eine exklusive Parzelle abkaufte. Geschätzter Preis: 29 Millionen Franken, inklusive unverbauter Aussicht auf den See und Wanderwegen in Wurfdistanz. Zudem hat Herrliberg einen tiefen Steuerfuss, viel tiefer als Rapperswil. Und für den Standort lag ein gültiges Bauprojekt vor, das zügig umgesetzt werden konnte. Doch der Tenniscrack setzte auf den Standort Kempraten am Zürichsee und verkaufte die Baufläche über Herrliberg.
Ständige Wechsel bei den Planern
Was weiter zur Verzögerung führte, war eine Bauherrschaft mit höchsten Ansprüchen. «Nicht einmal das Beste ist gut genug», sagt ein Involvierter. Gleichzeitig wechselte Mirka Federer, die das Projekt betreute, immer wieder Personal aus. Federführend war anfänglich das renommierte Architekturbüro Saota aus Südafrika, dann das Rapperswiler Architekturbüro BGS & Partner, dann die Planer von Itten+Brechbühl aus Bern.
Doch diese waren auch nicht lange auf dem Projekt, worauf ein neues Architektenteam anheuerte. Reden wollen die Handwerker, Innenausbauer, Gartengestalterinnen und Planer nicht, alle mussten sie strenge Vertraulichkeitsklauseln unterschreiben. Diese Wechsel und die Änderung der Pläne haben das Projekt zweifellos ebenfalls verzögert.
Eifrige Uferschützer
Schliesslich schossen sich Uferschützer auf die Liegenschaft des Tennis-Maestros ein. Immer wieder wurde gewarnt und wurden Anpassungen verlangt, auch ein Uferweg für die Öffentlichkeit stand auf der Liste. Zuvorderst kämpften die Vereine Rives Publiques und Aqua Viva. Derweilen gab sich der Verband Zürichsee Landschaftsschutz kooperativ und meinte, der geplante Landschaftsschutz, den die Bauherrschaft anstrebe, biete echten «Mehrwert».
Im November 2022 legte die Stadt Rapperswil für das Projekt Villa Seepark zur Mitwirkung der Bevölkerung auf, was wiederum vier Einsprachen auslöste, die aber abgewiesen wurden. Indes verlangten die Behörden «Ersatzmassnahmen für die Beeinträchtigung der schützenswerten Flora und Fauna im See und am Seeufer». Dazu gehörten die Bepflanzung mit «Hochstauden, Strandlings- und Schilfröhricht» und eine «passende Saatgutmischung» zur Erhaltung der Biodiversität. Auch diese Vorgaben schluckte Federer. Zudem inkludierte er bei der Planung des zwanzig Meter langen Holzstegs eine Verkabelung, was auf den Einsatz eines Elektromotorbootes hindeutet.
Schliesslich frohlockten die Rapperswiler Behörden am 24. September: «Der Stadtrat konnte an seiner letzten Sitzung die Bewilligung für den Rückbau der bestehenden Bootsanlagestelle und für den Neubau eines Bootshauses erteilen.» Allerdings war der Entscheid mit einem kleinen, aber wichtigen Zusatz versehen: Gegen die Verfügung kann innert 14 Tagen bei den Umweltschutzbehörden in St. Gallen rekurriert werden. Das hat das Bundesamt für Umwelt getan und eine – seltene – Behördenbeschwerde deponiert.
Womit das nächste Kapitel in der unendlichen Bausaga aufgeschlagen ist. Dabei wollte die Familie Federer doch 2021 in ihre prächtige Liegenschaft am Zürichsee einziehen; mit den neusten Entwicklungen dürfte es eher 2025 werden. Die Gesamtkosten für ihre Villa Seepark dürften nach all dem Ärger mittlerweile auf 70 Millionen Franken angestiegen sein.