Pfützen zieren Pferderennen
New York Times wettert über Schneematsch in St. Moritz

Die Schweizer Wintersportorte erleben eine Achterbahnfahrt bei den Temperaturen: In St. Moritz kletterte das Thermometer innert kürzester Zeit von Minus 28 auf Plus 12 Grad. Für die Veranstalter der Grossanlässe auf dem St. Moritzersee eine Herausforderung.
Publiziert: 04.02.2024 um 17:36 Uhr
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Aktualisiert: 04.02.2024 um 17:37 Uhr
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«Schneematsch statt Schneepolo», schreibt die New York Times über dieses Bild vom letzten Wochenende.
Foto: ALESSANDRO GRASSANI/The New York Times/Redux/Redux/laif
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Sarah FrattaroliStv. Wirtschaftschefin

Die üppigen Pelzmützen und stylischen Moonboots wären am diesjährigen White Turf in St. Moritz GR gar nicht nötig gewesen: Das Thermometer kletterte am ersten von drei Rennsonntagen dieses Wochenende auf 8 Grad. Bei solchen fürs Engadin aussergewöhnlich hohen Temperaturen können die Zuschauer der weltbekannten Pferderennen – viele von ihnen zählen zur noblen Schickeria – getrost ihre Kaschmirpullover zur Schau stellen statt der dicken Wintermäntel.

«Schneematsch statt Schneepolo»

Während die Besucher den Sonnenschein und die milden Temperaturen zu schätzen wissen, bereitet er den Bündner Touristikern Sorgen. Die Pfützen am Rande des gefrorenen St. Moritzersees geben ein wenig ansehnliches Bild ab. Beim alljährlichen Schneepolo Weltcup am gleichen Ort vor einer Woche mussten die Organisatoren witterungsbedingt sogar das Programm umstellen: Das Spielfeld war nicht sicher genug, um die Pferde im Galopp über die Schneedecke springen zu lassen. Statt richtiger Polo-Spiele gab es daher nur Penaltyschiessen.

«Sie fuhren mit ihren Pferden in die Schweizer Alpen zum Schneepolo. Sie bekamen stattdessen Schneematsch», schreibt dazu die «New York Times», immerhin eine der grössten Zeitungen der Welt. Und zeigt dazu ein wenig vorteilhaftes Bild des Schneematsches im vermeintlich paradiesischen Schweizer Wintersportort.

Am Auftaktwochenende des White Turf konnten die Pferde nun zwar wie gewohnt über die Rennstrecke aus Eis und Schnee galoppieren. Doch die Organisatoren mussten erfinderisch werden, um das zu ermöglichen: Mit Kunstschnee wurde die Schicht zusätzlich verstärkt. Bilder davon, wie Bagger die Schneemassen zum See karren, erzürnten die Gemüter.

Die Eisschicht auf dem St. Moritzersee ist sowohl für Pferde und Jockeys als auch für die Tausenden Gäste zwar sicher. Es gibt strenge Vorschriften der Behörden über die notwendige Dicke des Eises. Dennoch ist der Schaden für das Bild der Schweiz als verschneites Alpen-Paradies angerichtet.

Bilder schrecken Besucher ab

Martin Vincenz (61), war letztes Wochenende höchstpersönlich im Engadin, als die Schneepolomatches durch Penaltyschiessen ersetzt werden mussten. Er ist CEO von Graubünden Ferien, der touristischen Marketingorganisation des Kantons Graubünden. «Die Organisatoren haben eine kreative Lösung gefunden und das Beste aus der Situation gemacht», lobt Vincenz.

Dennoch: Die Schneematschbilder in einem weltweiten Leitmedium schmerzen ihn. «Aber das ist nun mal die Realität, wir wollen die Bilder nicht faken», gibt Vincenz zu bedenken. Bilder einer rundherum in Schnee gezuckerten Landschaft werde mit dem fortschreitenden Klimawandel immer seltener, selbst in St. Moritz auf 1822 Höhenmetern. Das zeigt sich auch bei den Ski-Weltcuprennen immer wieder, wo weisse Schneestreifen in grasgrünen Landschaften regelmässig die Gemüter empören, unter anderem in Adelboden BE vor einem Jahr

«Solche Berichte können einen Einfluss auf die Entscheidungsfindung potenzieller Besucher haben», sagt Dominik Knaus (38), Leiter des Instituts für Tourismus und Freizeit an der Fachhochschule Graubünden (FHGR). Gleichzeitig sieht er in den Schneematschbildern aber auch eine Chance: «Es kann ein Weckruf für die Wintersportorte sein, ihr Angebot weiter zu diversifizieren.» Indem sie auf alternative Winterangebote und den Sommertourismus setzen. Viele tun dies bereits, bewerben etwa Mountainbiking und Trail Running statt nur Skifahren und Snowboarden.

Zum Trost für die Veranstalter von White Turf und Schneepolo Weltcup: Den Zehntausenden Besucherinnen und Besuchern, die für die Pferde-Events nach St. Moritz strömen, dürfte etwas Pflotsch am Rande der Rennbahn immer noch lieber sein als eiskalter Wind oder heftiger Schneefall.

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