Peter Spuhler (64) hat sich seinen letzten Auftritt als CEO von Stadler Rail wohl anders vorgestellt. Er übernahm vor 34 Jahren eine kleine Schienenfahrzeugfabrik mit 20 Angestellten in Bussnang TG und formte sie zum Weltkonzern mit heute 14'000 Beschäftigten. Eine unglaubliche Erfolgsgeschichte, die am Mittwochmorgen an der Präsentation der Geschäftszahlen am Hauptsitz in Bussnang TG aber weit weg rückte.
Spuhlers Stadler Rail enttäuscht: Mit 75,1 Millionen Franken hat sich der Gewinn 2022 gegenüber dem Vorjahr beinahe halbiert. Der Konzern verfehlte auch beim Umsatz die Erwartungen der Analysten. Die Aktie sackte zwischenzeitlich um fast 8 Prozent ab. Die Gewinnmarge liegt gerade mal bei 5,5 Prozent.
Währungsentwicklung vermiest Ergebnis
Dabei konnte Spuhler erneut einen rekordhohen Eingang neuer Aufträge über 8,56 Milliarden Franken vermelden. Die Auftragsbücher sind mit 22 Milliarden Franken so voll wie noch nie.
Dass das Ergebnis trotzdem nicht besser ausfalle, habe mehrere Gründe, «auf die wir keinen Einfluss haben», wie Spuhler zerknirscht festhält. So bereiten dem Konzern die Lieferketten nach wie vor Probleme. Hinzu kommt die geopolitische Lage mit dem Ukraine-Krieg, der die Rohstoff- und Energiepreise zwischenzeitig deutlich in die Höhe getrieben hat.
Aufgrund der hohen Inflation im Ausland musste Stadler Rail in den Fabriken in Deutschland, Polen oder Spanien auch die Löhne massiv erhöhen. Das grösste Problem des Schweizer Konzerns ist jedoch der starke Franken. Allein die Währungsentwicklungen haben das Ergebnis im letzten Jahr mit 140 Millionen Franken belastet.
Knallharte Analysten
Doch die Anleger interessiert am Ende vor allem, was unter dem Strich herausschaut. Und bei der Gewinnmarge ist Stadler Rail vom Kurs abgekommen. «Es tut uns auch leid, dass wir enttäuschende Resultate liefern. Aber wir tun alles, um das wieder zu verbessern», sagt Spuhler am Ende der Präsentation.
Als Spuhler im Mai 2020 Knall auf Fall auf den Chef-Posten zurückgekehrt war, wollte er den strauchelnden Grosskonzern wieder in die Erfolgsspur zurückführen. Sein Margenziel von 8 bis 9 Prozent musste aber schon mehrfach in die Zukunft verschoben werden. Mittlerweile will der Konzern 2025 in diese Gewinnzone vorstossen.
Konzern fehlen mehrere Hundert Ingenieure
Ob Stadler Rail bis dahin wie gewünscht die Kurve kriegt, ist offen: Die Konzernleitung rund um Spuhlers Nachfolger Markus Bernsteiner (55) setzt dafür alle Hebel in Bewegung. «Wir haben die Effizienz unserer Prozesse im Werk in St. Margrethen im zweistelligen Prozentbereich gesteigert», sagt Bernsteiner. In den nächsten anderthalb Jahren will er auch in anderen Werken die Prozesse optimieren und so Kosten sparen. Zudem wolle man gemeinsam mit den Lieferanten die Innovation vorantreiben. Stellenabbau werde es keinen geben. Im Gegenteil: Dem Konzern fehlen weltweit mehrere Hundert Ingenieure, wie Spuhler betont.
Spuhler wird bei der nächsten Präsentation der Geschäftszahlen weiterhin als Verwaltungsratspräsident vor Ort sein. Sollten sich die Rahmenbedingungen bis dahin überraschend aufhellen, dann wieder mit erfreulicheren Nachrichten.