Das dürfte der Parteispitze der SVP überhaupt nicht schmecken: 57 Prozent der SVP-Anhänger wollen bei der Initiative für eine 13. AHV-Rente Ja stimmen, wie die jüngste SRG-Trendumfrage zeigt.
Die Parteispitze lehnt die Initiative ab. Und nimmt dabei Rentner ins Visier, die sich ins Ausland abgesetzt haben. Über 126'000 Schweizer Bürgerinnen und Bürger sowie rund 660'000 Ausländer, die zuvor in der Schweiz arbeiteten, beziehen ihre Schweizer Rente heute im Ausland.
Sie werden als Profiteure dargestellt, die mehr Geld erhalten und dabei erst noch vom starken Franken profitieren, jedoch «weder mit höherer Mehrwertsteuer noch mit höheren Lohnabzügen die Mehrkosten mittragen», schreibt SVP-Nationalrätin Martina Bircher (39, AG) in einem Newsletter. Und: «Mit einer 13. AHV-Rente würden in erster Linie all diese Ausländerinnen und Ausländer sowie die Auslandschweizer profitieren.» Das sei «Rosinenpickerei auf dem Buckel der in der Schweiz arbeitenden Bevölkerung und des Schweizer Gewerbes», moniert Bircher. Und spricht von «Luxusrenten im Ausland».
Nicht gleich viele Leistungen
Dem widersprechen Auslandschweizer vehement. «AHV-Rentner im Ausland sind ein Optimalfall für die Schweizer Wirtschaft», sagt Klaus Oegerli (66), der im thailändischen Hua Hin lebt, gegenüber Blick. Er hält fest, dass alle AHV-Bezüger im Ausland – Auslandschweizer sowie Ausländer, die in der Schweiz arbeiteten und AHV-Beiträge einzahlten und für den Lebensabend in ihre Heimat zurückkehrten – diverse Nachteile tragen. «Wir haben keinen Anspruch auf Ergänzungsleistungen, Sozialhilfe oder Leistungen aus der AHV wie Hilflosenentschädigung oder Beteiligung an Hilfsmitteln.»
Ebenso wichtig: Sie verursachen dem Schweizer Gesundheitssystem keine Kosten. «Wir bezahlen im Ausland vielleicht kleinere Krankenkassenprämien, haben aber meist ein weniger gutes Gesundheitssystem, das bei grösseren Eingriffen preislich sogar teurer als die Schweiz sein kann.»
Oegerli wird seine Meinung per Stimmzettel äussern. Und fragt zurück, warum die SVP auf Auslandschweizer losgehe, während deren Übervater, Milliardär Christoph Blocher (83), ohne Not einen Rentenanspruch erhoben habe.
Auslandschweizer trugen zur Wertschöpfung bei
Joe Bühler (75), wohnhaft in Shelton (USA) unweit von New York, findet die Vorwürfe ebenfalls unfair: «Alle haben während Jahren oder Jahrzehnten Beiträge geleistet und legitimen Anspruch auf AHV-Zahlungen.» Diese seien Wechselkursschwankungen ausgesetzt, die auch negativ ausfallen können. «Das macht Auslandschweizer weder zu Profiteuren noch zu Opfern, es ist einfach die Realität», so Bühler.
Dazu trugen Auslandschweizer zur Schweizer Wertschöpfung bei. Bühler verweist auf seine fast 25-jährige Tätigkeit bei Schweiz Tourismus. «Ich leistete einen Beitrag für die Schweizer Exportwirtschaft, der zwar nicht direkt messbar, aber trotzdem real war.»
Banken bedienen sich bei Auslandschweizern
Marcel Frey (63) ist seit Mai 2023 Frührentner und inzwischen in der griechischen Hauptstadt Athen wohnhaft. Er weist auf mehrere Probleme für Auswanderer hin: «Schweizer Krankenkassen erteilen keine Kostengutsprache für Behandlungen im Ausland, solange der Aufnahmeprozess dort nicht abgeschlossen ist – in Griechenland dauert dies rund ein Jahr!» So müsse er alle Arztrechnungen vorausbezahlen und die Krankenkasse «schaut dann, ob es eine Rückerstattung gibt».
Und dann gibt es das Problem mit den Überweisungen ins Ausland. «Meine Bank Avera will keine im Ausland ansässigen Kunden haben, weshalb ich mein Konto auflösen musste», sagt Frey. Aktuell lässt er seine Rente auf ein Eurokonto bei der Onlinebank Wise überweisen.
Rentenzahlungen ins Ausland erfolgen aufgrund der Bestimmungen von Sozialversicherungsabkommen meist in der Währung des Wohnsitzstaates. Die Ausgleichskasse wickelt die Zahlungen über die Postfinance ab. Laut Frey bot ihm Wise einen Wechselkurs von 1 Franken für 1,054 Euro, während die Postfinance mit 1,036 Euro rechne. «Da verdienen sich einige eine goldene Nase an den Auslandschweizern», so sein Urteil.
Dazu zählen die wenigen Banken, die Auslandschweizern überhaupt noch Konten anbieten. Bei der ZKB etwa werden laut Frey dafür Kontoführungskosten von 450 Franken pro Jahr verlangt. Die günstigste Alternative bot die Genfer Kantonalbank mit «nur» 120 Franken pro Jahr.
An anderen Orten ansetzen?
Frey, ein Sozialversicherungs-Insider, ist «froh, dass man in Griechenland noch mit einer AHV-Rente leben kann». Wegen Auslandsaufenthalt, Selbstständigkeit und Teilzeit-Tätigkeit als Hausmann erhält er eine bescheidene Rente.
Trotzdem fragt er sich, ob die 13. AHV-Rente der richtige Ansatz ist. «Eigentlich gehört die Ehepaar-Diskriminierung abgeschafft, als Ehepaar bekommt man ja nur 150 Prozent der gesplitteten Einzelrente», so Frey. Dazu seien die AHV-Beiträge zu niedrig bemessen.