Obwohl er nichts zu sagen hat
Dieser deutsche Aktionär kann die Nationalbank bachab schicken

Grausame Rendite und kaum Mitspracherecht: Warum sollte jemand Aktien der Schweizerischen Nationalbank (SNB) halten? Blick hat sich an der GV in Bern umgehört. Der bekannteste Privataktionär liess sich dort aber nicht blicken.
Publiziert: 27.04.2024 um 00:04 Uhr
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Aktualisiert: 27.04.2024 um 14:06 Uhr
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Thomas Jordan war an seiner letzten Generalversammlung als SNB-Präsident gut aufgelegt.
Foto: keystone-sda.ch
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Martin SchmidtRedaktor Wirtschaft

Die Motivation der vielen Klimaaktionäre, die die Stimmung auch an der diesjährigen GV am Freitag im Kursaal in Bern aufheizen, ist klar: Sie wollen die Schweizerischen Nationalbank (SNB) umkrempeln. Dabei haben Privataktionäre bei der SNB kaum was zu melden. Die Mehrheit der Aktien liegt in den Händen der Schweizer Kantone und Kantonalbanken. Ausschlaggebend ist zudem das Nationalbankgesetz. Trotzdem fordern die Klimaaktionäre wie schon im Vorjahr die Nationalbank-Spitze in zahlreichen Voten auf, ihren riesigen Devisenberg nachhaltig zu investieren – sprich nicht in Firmen mit klimaschädlichen Technologien. 

Diese neue Aktionärsgruppe ist der SNB-Führungsetage rund um Präsident Thomas Jordan (61) offenbar nicht ganz geheuer. Jordan wird am anschliessenden Apéro von zwei Security-Mitarbeitern flankiert.

Seine Aktien sind 20 Millionen wert

Die vielen Dutzend Klimaaktionäre hoffen, dass sich ihre Investition irgendwann positiv aufs Klima auswirkt. Doch was treibt die über 2000 anderen Privataktionäre an? Der grösste unter ihnen ist der deutsche Investor Theo Siegert (77), der bei der SNB im grossen Stil spekuliert haben dürfte. Der frühere Professor an der Ludwig-Maximilian-Universität in München – Spezialgebiet Unternehmensführung und Finanzanalyse – hält gemäss Geschäftsbericht 5010 Aktien oder 5,01 Prozent an der Nationalbank.

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Der Deutsche, als äusserst diskret bekannt, gibt praktisch nie Auskunft über seine Investitionen. So lässt er auch eine Anfrage von Blick unbeantwortet. Doch es scheint naheliegend, dass er beim Einstieg bei der SNB vor über 15 Jahren auf eine Auszahlung der Privataktionäre spekuliert hat. So geschah es im Jahr 2000 bei der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ). Auch dort war Siegert ein Grossaktionär und kassierte dank eines Aufpreises von beinahe 100 Prozent dick ab.

Verkauf des Aktienpakets wäre schwierig

Am Freitag sind Siegerts Anteile bei einem Kurs einer einzelnen SNB-Aktie von 4090 Franken über 20 Millionen Franken wert. Im April 2018 und im Frühjahr 2022 kletterte der Wert seines SNB-Pakets im Rahmen grosser Spekulationen an der Börse gar auf rund 40 Millionen. Hätte er da nur verkauft, mag mancher sagen.

Doch so einfach ist das nicht, wie Raiffeisen-Anlagechef Matthias Geissbühler (48) erklärt. «Die SNB-Aktie wird nur in sehr geringen Mengen gehandelt.» An einem Tag sind es fünf, an einem anderen 40 Titel. «Wenn dann jemand plötzlich 5000 Aktien auf einmal verkaufen möchte, fehlt dafür die nötige Nachfrage. Der Aktienkurs würde komplett einbrechen», führt er aus. Reuen muss Siegert die Investition trotzdem nicht. Er hat die Aktie bei einem Kurs von rund 1000 Franken gekauft. 

Als Geldanlage kann Geissbühler die SNB-Aktie nicht empfehlen: «Die Dividende ist auf 15 Franken gedeckelt oder fällt auch mal ganz aus. Zudem gibt es für die Aktie langfristig keine wirkliche Wachstumschance. Die SNB-Aktie ist ein bisschen eine Kuriosität.» 

Jordan- und SNB-Fans

Vielen vor Ort geht es um die Sache und einen kleinen Einblick in eine wichtige Schweizer Institution. «Ich interessiere mich generell für Geldpolitik und Wirtschaftsthemen», sagt ein Aktionär zu Blick. Ein anderer hat seine Aktie geerbt, wie er erzählt. Auch ehemalige Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter befinden sich unter den Anteilseignern.

«Ich habe meine Aktie gekauft, weil ich finde, die Nationalbank macht eine super Arbeit», sagt ein anderer. Natürlich gehöre auch das Netzwerken am Apéro vor Ort dazu. Ein weiterer Aktionär gibt zu, spekuliert zu haben. Eine Aktionärin ist gar wegen des SNB-Präsidenten dabei: «Ich bin ein riesiger Fan von Thomas Jordan und habe deshalb vor über zehn Jahren eine SNB-Aktie gekauft. Vielleicht verkaufe ich sie nun wieder», sagt sie und lacht. 

Jordan tritt Ende September 2024 ab. Wie so viele nervt sich die Aktionärin an den zahlreichen Klima-Voten. Früher sei die GV viel spannender gewesen. Es gäbe doch so viele andere wichtige Wirtschaftsthemen.

Viel Applaus und feuchte Augen

Barbara Janom Steiner (61), die als Präsidentin des Bankrates durch die Versammlung führt, und Jordan bleiben trotz der regen Kritik aus dem Klimalager souverän, sie halten dagegen und betonen den Auftrag der SNB: Preisstabilität. Je länger die GV dauert, umso lauter fällt der Applaus für Steiner und Jordan aus – und übertrifft damit jenen nach Voten der Klimaaktionäre.

Als die Präsidentin des Bankrats dann Jordan an dessen letzter GV als Präsident für seine Arbeit würdigt, kriegt der oft als Technokrat bezeichnete Notenbankchef feuchte Augen. 

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