«Sie nerven zwar, aber ihre Botschaft ist schon wichtig», meinen zwei adrett gekleidete Herren auf dem Weg zum Stehlunch. Die beiden sind Aktionäre der Schweizerischen Nationalbank (SNB), die am Freitag ihre Generalversammlung im Kursaal in Bern abgehalten hat. Sie – das sind die Klimaaktivisten, die mit ihren vielen Wortmeldungen die Aktionärsversammlung um eine gute Stunde verlängert haben.
Sehr zum Leidwesen von Barbara Janom Steiner (60), die als Präsidentin des Bankrates durch die Versammlung führt. Mit allen Mitteln versucht sie, ihren selbstgesetzten Zeitplan durchzupauken, droht immer wieder mit der roten Ampel nach Ablauf der auf drei Minuten begrenzten Redezeit und will den Applaus unterbinden.
Kritik an der Anlagepolitik
Vergeblich. Die Klimaaktivisten haben die Generalversammlung der SNB gekapert – Pullover haben sich unter schicke Anzüge gemischt. Die Zeiten sind turbulent für die Nationalbank: Eben erst hat sie zusammen mit dem Bund und der Finanzmarktaufsicht die Credit Suisse gerettet und der neuen Besitzerin UBS Garantien und Liquiditätshilfen für über 200 Milliarden Franken in Aussicht gestellt
Doch obwohl sich die Rednerinnen und Redner im Dreiminutentakt am Rednerpult abwechseln, gibt es im Kursaal kaum Fragen zur CS-Rettung. Asti Roesle von der Klimaallianz etwa fordert die SNB stattdessen auf, sich ein Beispiel an anderen Zentralbanken zu nehmen, die bezüglich nachhaltigem Investieren schon viel weiter seien.
Barbara Neumann wiederum wirft dem Direktorium vor, «mit aufgesetzten Scheuklappen einfach weiter zu galoppieren», statt die Anlagepolitik zu überdenken. Und Klimastreik-Aktivist Jonas Kampus (21) fordert die Nationalbank auf, aus der Öl- und Gasbranche auszusteigen.
Jordan kontert
Die Botschaft aller Klimaaktivisten in vielen Variationen: Das Klima wandelt sich, aber nicht die Anlagestrategie der Nationalbank. Diese verteidigt zum Abschluss Präsident Thomas Jordan (60). Er weist darauf hin, dass die SNB mit ihrer Anlagepolitik keinen grossen Einfluss auf den Klimawandel habe. Zudem sei es nicht ihre Aufgabe, den ökologischen Strukturwandel der Weltwirtschaft anzustossen.
Immerhin: Nach der GV mischt sich das Präsidium unter die Aktionäre, diskutiert auch vertieft mit den Klimaaktivisten. Mit ihren ruhigen und besonnenen Voten haben diese ziemlich sicher mehr erreicht als die Klimakleber auf der Strasse. Denn die rund 350 Aktionäre haben den Aktivisten ohne grosses Murren zugehört. Wie die zwei adrett gekleideten Herren es gesagt haben: Ihre Botschaft ist angekommen.