Auf einen Blick
- Migros steckt im grössten Umbau. Chef Mario Irminger räumt auf und verkauft Teile
- SRF-Dokfilm zeigt hausgemachte Probleme: Ineffizienz und Missmanagement bei Migros
- Verteilzentrum Schönbühl BE kostete 250 Millionen Franken, steht zu einem Drittel leer
Die Migros befindet sich im grössten Umbau ihrer 100-jährigen Geschichte. Beim orangen Riesen bleibt kein Stein auf dem anderen. Mario Irminger (59), Chef des Migros-Genossenschaftsbundes, räumt auf. Die erfolgsverwöhnte Migros ist träg geworden. Um im rauer gewordenen wirtschaftlichen Umfeld bestehen zu können, entschlackt Irminger die Migros, verkauft Teile der Migros-DNA wie Hotelplan, Mibelle oder Fachmärkte wie Obi.
Wie das «System Migros» jahrzehntelang funktioniert hat, beleuchtet ein Dok-Film von SRF, der heute Donnerstagabend ausgestrahlt wird. Er zeigt, dass die schlechten Zahlen der Migros im Jahr 2023 – die Detailhändlerin musste 500 Millionen Franken abschreiben – hausgemacht sind. SRF spricht von «Verzettelung, Ineffizienz und Missmanagement». Und zeigt auf, dass allein die Migros Aare und ihr damaliger Chef Anton Gäumann (64) für einen Abschreiber von 100 Millionen Franken verantwortlich sind – und nicht nur die potente Konkurrenz von Aldi, Lidl oder Decathlon.
Mega-Kühlschrank für 250 Millionen Franken
Es geht um das Verteilzentrum Schönbühl BE, das im Herbst 2024 eröffnet wurde. 250 Millionen Franken hat dessen Bau gekostet. Von Schönbühl aus werden 170 Filialen mit Frischwaren wie Früchten, Gemüse, Milch, Fleisch und Brot beliefert. Der Neubau – ein Mega-Kühlschrank der Superlative – hat ein Volumen von 160'000 Kubikmetern. Gäumann hat nämlich gross gedacht. Der Migros-Manager ist davon ausgegangen, dass auch die Genossenschaften Basel und Neuenburg/Freiburg ihre Ware von der Verteilzentrale Aare beziehen würden.
Die Kollegen der anderen Genossenschaften hat Gäumann aber erst angefragt, ob sie mitziehen, als das Verteilzentrum schon im Bau war. Sie haben allesamt abgesagt und auf ihre Eigenständigkeit gepocht. Sonst hätten sie in ihren Stammladen Jobs abbauen müssen. Das wollten sie nicht. Heute zeigt sich: Die Anlage wurde viel zu gross dimensioniert. Ein Drittel der Anlage soll leer stehen. Kurz: Ein teurer Alleingang von Regionalfürst Gäumann, der Ende 2021 seinen Schreibtisch vorzeitig räumen musste – «wegen Interessenskonflikten», wie es damals hiess.
«Es ist nicht alles ideal gelaufen»
«Wenn man vor dem Bau versucht hätte, eine Einigung zu erzielen, hätten zu viele Leute mitgeredet, und es wäre mühsam geworden», sagt ein ehemaliger Kadermann der Aare zu SRF. Guido Rast (52), Chef der Migros Luzern, sagt: «Es ist nicht alles ideal gelaufen, weil gebaut wurde, ohne dass die Genossenschaften ein Commitment gegeben haben». Anton Gäumann wollte sich nicht zum Sachverhalt äussern.
Die Migros betont gegenüber Blick, dass man die Logistikplattform 2030 ganz «bewusst weitsichtig konzipiert» habe. «Zum Start war sie noch nicht voll ausgelastet. Das hat zu einer einmaligen Wertberichtigung geführt, die im Jahresbericht 2023 entsprechend ausgewiesen wurde», sagt Migros-Medienchefin Prisca Huguenin-dit-Lenoir. Sie sagt weiter: «Mittel- und langfristig wird sie von weiteren Bereichen der Migros-Gruppe genutzt werden und voll ausgelastet sein. Diese Informationen wurden auch bei der Eröffnung der Logistikplattform 2030 transparent kommuniziert.»