Würdest du etwas mehr für dein Hotelzimmer bezahlen, wenn darin der ÖV-Transport von und zum Wohnort oder Flughafen integriert ist? In den meisten Fällen würde dies das Portemonnaie sowie die Umwelt schonen.
Ein solches Angebot existiert in der Schweiz zwar noch nicht. Ein Projekt dafür schon. Doch dieses stösst auf Widerstand bei vielen Hoteliers.
Ein globales Unikum
Auf regionaler Ebene gibt es Angebote für Touristen, die ÖV und Sehenswürdigkeiten integrieren – etwa die Ticino Card oder die Zurich Card. Die Integration von ÖV-Leistungen bei Events, Konzerten oder Kongressen ist auch längst üblich.
Doch für die An- und Abreise zum Ferienort gibt es so etwas nicht. Nirgends auf der Welt. Schon 2022 lancierte deshalb die Konferenz der regionalen Tourismusdirektoren der Schweiz (RDK) ein Projekt namens «ÖV-Hotel-Ticket».
Urs Eberhard (66), ehemaliger Vizedirektor von Schweiz Tourismus und trotz Pensionierung weiterhin Leiter dieses Projekts, sieht darin enormes Potenzial: «Die Schweiz hätte ein globales Alleinstellungsmerkmal, das viel touristisches Potenzial bietet und beiträgt, die Umweltziele unseres Landes zu erreichen», sagt er gegenüber Blick. Es ist auch deklariertes Ziel von Schweiz Tourismus, die Schweiz zur «nachhaltigsten Tourismusdestination der Welt» zu formen.
Bedenken in der Hotellerie
Das Projekt sah zuerst eine nationale Einführung vor. Das erwies sich als zu ambitiös. Die Hotels wollen dem Gast die Anreiseart nicht vorschreiben und befürchten Schwierigkeiten bei der technischen Integration einer solchen Lösung. Dazu gibt es die Kostenfrage und den Umstand, dass höhere Preise zugunsten nachhaltiger Angebote auf geringe Akzeptanz stossen.
Die Idee bei der Finanzierung wäre laut Eberhard, dass jeder Gast einen Solidaritätsbeitrag leistet, unabhängig der Anreiseart. Dank eines attraktiven Angebots der ÖV-Branchenorganisation Alliance Swisspass läge der Kostenpunkt für diesen Beitrag pauschal unter 30 Franken. Zu viel? Den Hoteliers passt zudem nicht, dass ÖV-Reisende gegenüber Auto-Anreisenden bevorteilt würden.
Eberhard und sein Projektteam krebsen zurück und lancieren einen neuen Versuch auf regionaler Ebene. Allerdings mit dem Problem, dass hier einzelne Unternehmen ein Risiko auf sich nehmen. Wenn beispielsweise Hotel A das ÖV-Ticket integriert, wird es den Zimmerpreis erhöhen müssen und eventuell einen Nachteil gegenüber dem konkurrierenden Hotel B haben.
Da hier die Rechnung individuell erfolgt, ist die Rede noch von Zuschlägen von weniger als 20 Franken pro Ankunft: Kosten, die bei mehreren Übernachtungen über den ganzen Aufenthalt verteilt würden. Der Gastgeber könnte entscheiden, ob er etwas beiträgt. Auch die öffentliche Hand oder Sponsoren könnten etwas beisteuern. Den Hauptanteil der Kosten müssten aber die Gäste tragen. Trotzdem bleiben die Bedenken der Hoteliers laut Eberhard bestehen.
Neuer Versuch im Wallis
Doch so schnell gibt er nicht auf. Von Mai bis Oktober 2024 läuft nun eine Pilotumfrage bei Walliser Hotels. Gäste sollen dort über die Art ihrer An- und Abreise, ihre Aufenthaltsdauer und die Distanz zu ihrem Wohnort Auskunft geben.
2025 folgt aufgrund dieser Datengrundlage ein Markttest mit der probeweisen Einführung des Hotel-ÖV-Billetts. Gäste erhalten dann einen Code, mit dem sie am Schalter ein ÖV-Ticket für die Reise vom und zum gewünschten Ort erhalten. Das Fernziel wäre laut Eberhard allerdings ein E-Ticket, das direkt mit der Hotelreservation geschickt wird.
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«Wenn wir nachweisen können, dass damit mehr Gäste – aus der Schweiz wie aus dem Ausland – für die Reise ins Wallis auf den ÖV umgestiegen sind und die teilnehmenden Hotels keine Buchungseinbrüche erleiden, beweisen wir die Tauglichkeit unseres Modells», sagt Eberhard.
Das hätte Signalwirkung für weitere Hotels und Regionen. Das Fernziel bleibe, ein ÖV-Hotel-Ticket auf nationaler Ebene anbieten zu können. «Eine Studie der Hochschule Luzern sagt voraus, dass ein ÖV-Hotelticket die Anreiseart zugunsten des ÖV verbessern würde», so Eberhard. Aber es brauche den praktischen Test, um die Hoteliers zur Teilnahme zu überzeugen.
Kritische Grösse der mitmachenden Hotels benötigt
Der Verband Hotelleriesuisse ist im Projektteam zwar dabei. Doch letztlich kann jedes Hotel frei entscheiden, ob es mitmacht. Für den Erfolg bräuchte es laut Eberhard eine Teilnahme von mindestens der Hälfte der Hotels in den wichtigsten Tourismusregionen.
Ein Argument, wonach der ÖV durch diese Initiative noch mehr belastet würde, lässt Eberhard nicht gelten: «Da Check-in und Check-out immer um die Mittagszeit erfolgen, würde die An- und Abreise der Hotelgäste per ÖV ausserhalb der Pendlerströme erfolgen.»