Der Corona-Index des Bundesamts für Gesundheit (BAG) erklärt 29 Länder zu Risikogebieten. Aber was sollen die international tätigen Konzerne in der Schweiz nun machen? Sie unterhalten Büros, Fabriken oder Tochterunternehmen im Ausland. Diese müssen auch in Zeiten von Corona regelmässig besucht werden. Sie brauchen Führung und Präsenz der Firmenbosse.
Weiteres Problem: Konzerne wie die Pharmamultis Roche und Novartis beschäftigen Fachkräfte zahlreicher Nationalitäten in der Schweiz – auch solche, die auf der Risikoliste des BAG stehen. Diese sogenannten Expats wollen in den Ferien nach Hause. Wie reagieren nun die Konzerne? BLICK fragte nach. Der Eindruck: Sie reagieren erst mal gelassen.
Die Reisesperre erst mal akzeptiert
«Wir glauben nicht, dass die neuen Regeln unsere Arbeit beeinträchtigen», sagt eine Sprecherin des Pharmazulieferers Lonza. «Wir haben internationale Geschäftsreisen seit Beginn der Krise eingeschränkt.»
Der Agrochemiekonzern Syngenta sieht das ähnlich. «Im Hinblick auf die bevorstehende Ferienzeit werden die Mitarbeiter über diese Massnahmen und deren Konsequenzen informiert.» Auch beim Technologiekonzern ABB fordert man die Angestellten auf, auf «nicht zwingend notwendige Reisen» zu verzichten.
Swissmem, der Verband für KMU und Grossfirmen der schweizerischen Maschinen-, Elektro- und Metall-Industrie (MEM), nimmt die neue BAG-Liste zur Kenntnis, sieht darin aber keine Verschlechterung. «Es würde nur schlimmer werden, wenn die Nachbarländer aufgenommen würden. Die sind für unseren Export sehr wichtig», sagt ein Sprecher.
Arbeitgeber wollen einen zweiten Lockdown verhindern
Der Grund für die entspannte Reaktion auf den Corona-Index des BAG liegt wohl darin, eine zweite Corona-Welle unter allen Umständen verhindern zu wollen. Der erste Lockdown hat der hiesigen Wirtschaft enormen Schaden zugefügt.
Ins gleiche Horn stösst der Schweizerische Arbeitgeberverband. «Durch die Quarantäne-Vorschriften wird der Geschäftsalltag auf den ersten Blick zwar weiter verkompliziert», heisst es. «Allerdings schaffen die neuen Regeln die Voraussetzung, dass die Wirtschaft einen weiteren geregelten Schritt zurück in die Normalität machen kann.» Zur Zurückhaltung bei der Durchführung von Geschäftsreisen in ein Risikoland raten auch die Arbeitgeber-Vertreter.
Reisen bleibt aber wichtig
Viele Unternehmen betonen, dass sie Geschäftsreisen, um Kosten, Zeit und Emissionen zu sparen, sowieso schon reduziert haben. «Moderne Kommunikationstechnologien wie Telefonkonferenzen haben dazu einen wichtigen Beitrag geleistet», sagt eine Sprecherin des Lebensmittelmultis Nestlé.
Martin Naville (61), Direktor der Schweizerisch-Amerikanischen Handelskammer, sieht das anders. Er wartet auf die Wiederaufnahme der Reiseaktivitäten und Geschäftsreisen. «Der menschliche Teil wie neue Kunden akquirieren, Niederlassungen besuchen oder wenn man ein wichtiges Problem vor Ort lösen muss, wird auch weiter trotz moderner Technologie das Reisen erfordern», sagt Naville.
Man werde in Zukunft nicht alles umstellen, nur weil eine solche Pandemie zurückkommen könnte. «Die Menschheit hat ein Kurzzeitgedächtnis», sagt er.