Die Kürzung sei aber bereits vor dem Erhalt eines offenen Briefes erfolgt, sagte er. Der weltgrösste Nahrungsmittelkonzern war in einem von über 50 Non-Profit-Organisationen unterzeichneten offenen Brief aufgefordert worden, seine Werbeaktivitäten im Staatsfernsehen der belarussischen Diktatur einzustellen.
Laut der in Zürich ansässigen NGO Libereco steht jeder dritte Werbespot, der im belarussischen Staatsfernsehen gezeigt wird, mit einem Produkt von Nestlé im Zusammenhang.
Nestlé-Werbung neben TV-Propaganda und erschreckenden Interviews
«Kein anderes westliches Unternehmen finanziert die staatliche TV-Propaganda des Lukaschenko-Regimes stärker als Nestlé», schrieb die Organisation, die sich auf die Menschenrechte in der Ukraine und in Weissrussland spezialisiert hat. Libereco verweist auf die in Weissrussland häufigen erzwungenen Schuldgeständnisse im Staatsfernsehen.
Erst kürzlich habe der Blogger Raman Pratassewitsch in einem solchen «Interview» in Lukaschenkos Staatssender seine angebliche Schuld zugegeben. «Es ist unerträglich, dass Nestlé im Umfeld dieser erschreckenden Zurschaustellung verängstigter und misshandelter Regimegegner Werbung ausstrahlt», schrieb die NGO.
Ist das umfangreiche Produktportfolio Grund für die starke TV-Präsenz?
Nestlé verfolge die Situation in Weissrussland sehr genau, sagte ein Sprecher des Westschweizer Konzerns. Zudem überprüfe man die Werbung und die Kommunikation regelmässig. «Aufgrund dieser regelmässigen Überprüfungen haben wir unser Werbebudget für Belarus bereits deutlich reduziert», sagte er. Und zwar bereits bevor der Brief der NGOs eingetroffen sei, wie er sagte. Als erstes hatte das «Redaktionsnetzwerk Deutschland» über die Budgetkürzung berichtet.
Dass Nestlé auf den staatlichen Sendern so präsent sei, hat laut dem Sprecher mit dem umfangreichen Produktportfolio zu tun. Sprich: Nestlé wirbt für alle möglichen Produkte wie Kaffee, Tierfutter oder Schokorigel. Andere Firmen wie Mars, die in Weissrussland ebenfalls im Fernsehen präsent sind, bewerben nur einzelne Produkte.
Ausserdem mangelt es laut dem Sprecher es in Belarus an alternativen TV-Sendern. Praktisch alle Sender im Land sind staatlich. In ihrem offenen Brief fordern die NGOs Nestlé deshalb auf, ganz auf das Werbe-Engagement in der weissrussischen Diktatur zu verzichten.
Belarussische Insider denken laut einem Bericht von SRF offenbar, dass Nestlé nicht komplett auf Werbung in Belarus verzichtet, um es sich nicht mit Diktator Alexander Lukaschenko zu verscherzen. Denn andere Unternehmen, die Kritik am Regime äusserten wie Nivea und Skoda und die belarussische Eishockey-WM boykottierten, wurden von Lukaschenko gleich mitsamt ihren Produkten aus dem Land verbannt.
(SDA)