Seit 2022 reisen deutlich mehr Touristen aus Malta oder Zypern in die Schweiz ein, zeigen die Hotelübernachtungen. Und es werden noch mehr: Allein von Januar bis Oktober 2023 übersteigt die Zahl der Logiernächte von Gästen aus Zypern bereits jene von 2022. Dabei soll es sich aber gar nicht um Touristen aus Malta oder Zypern handeln – sondern um Russen.
Doch für russische Gäste ist es seit dem Kriegsausbruch in der Ukraine schwieriger geworden, in die Schweiz zu reisen. Grund sind die Sanktionen. Viele Russinnen und Russen wollen sich aber insbesondere am 14. Januar – dem russischen Neujahr – einen Ausflug in die Schweizer Berge nicht nehmen lassen.
Sie greifen deshalb zum Zweitpass, wie der «Tages-Anzeiger» schreibt. Das hat Laura Bründler beobachtet, die langjährige Erfahrung als Hotelconcierge hat. Sie ist auch Vizepräsidentin der Schweizer Sektion der internationalen Concierge-Vereinigung Les Clefs d’Or.
Die «goldenen Pässe»
Bründler weiss: «Die, die wirklich Geld haben, denen ist der Krieg egal, die haben vorgesorgt. Wenn es die Situation erfordert, ziehen sie den zweiten Pass aus der Schublade und rufen ihr Flugzeug. Die interessiert die weltpolitische Lage nicht wirklich.» Aber wieso stammen die Zweitpässe vor allem aus Malta und Zypern?
Beide Länder geben wohlhabenden Ausländern sogenannte «goldene Pässe» ab – nachdem diese grosszügig ins Land investiert haben. Gerade für reiche Russen scheint das sehr attraktiv zu sein: Denn mit der Staatsangehörigkeit der EU lässt es sich weltweit einfacher reisen.
Die Tourismusregionen wollen aber nichts von dieser Entwicklung wissen. Nach einer zweiten Nationalität wird nicht gefragt. Deshalb ist unmöglich festzustellen, ob die Russen tatsächlich mit anderen Pässen anreisen.
Mit Privatjet aus einem anderen Land
Dasselbe gilt auch für den Anflug mit dem Privatjet: Flugzeuge mit russischer Immatrikulation sind wegen des Ukraine-Konflikts für den schweizerischen und den europäischen Luftraum gesperrt. Auch hier sei es aber wahrscheinlich, dass Touristen aus Russland einfach mit ausländischen Privatjet-Gesellschaften aus Zypern, Malta und anderen Ländern in die Schweiz flögen – so ein Insider gegenüber dem «Tages-Anzeiger».
Diese Meinung teilt auch der ehemalige Präsident des Verbands Hotelleriesuisse, Andreas Züllig: «Es gibt keinen Grund, warum plötzlich so viel mehr Zyprioten und Malteser in der Schweiz übernachten – ausser es handelt sich um Russen mit Pässen aus diesen Ländern.» Das sei aber nicht grundsätzlich schlecht. Denn viele russische Gäste erledigen hier in der Schweiz Geschäfte – und sorgen für eine hohe Wertschöpfung. (kae)