Seit Jahren kämpft das Kabinenpersonal (Kapers) für bessere Arbeitsbedingungen bei der Fluggesellschaft Swiss. Seit vergangener Woche liegt der neue Gesamtarbeitsvertrag 2024 (GAV24) vor. Dieser verspricht nochmals unzählige Verbesserungen im Vergleich zum GAV23. Schliesslich wurde dieser im Frühjahr deutlich abgelehnt.
Neben zahlreichen Änderungen fehlt im GAV24 aber ein wesentlicher Punkt, der bei seinem Vorgänger nicht wegzudenken war: Der Mindestlohn von 4000 Franken. Stattdessen hat man sich auf ein Einstiegsgehalt von 3868 Franken geeinigt. Das Reiseportal Aerotelegraph.com berichtete zuerst.
Es stellt sich die Frage, ob der neue GAV24 ab dem fehlenden Mindestlohn von 4000 Franken scheitern könnte. Schliesslich müssen die Kapers-Mitglieder dem neuen GAV bei der Abstimmung bis am 19. Dezember mit einer Mehrheit von zwei Dritteln zustimmen.
«Es ist tatsächlich ärgerlich»
Blick hat bei Kapers nachgefragt: «Es ist tatsächlich ärgerlich, dass die 4000 Franken Einstiegslohn nicht mehr erreicht wurden. Die Kapers hat bis zuletzt dafür gekämpft, die Swiss ist uns hier jedoch nicht entgegengekommen», sagt Präsidentin Sandrine Nikolic-Fuss (53).
Teil des neuen GAV ist dafür eine allgemeine Lohnerhöhung von 400 Franken. Die Cabin Crew Members erhalten damit jährlich 5000 Franken mehr Lohn. «Es profitieren also alle von einer Lohnerhöhung», so Kapers weiter. Denn daran scheiterte der GAV23.
Was auch neu ist, sind variable Lohnbestandteile. Mit den Extras wie dem 13. Monatslohn ab dem dritten Dienstjahr sowie höheren Spesen und bezahlten Reserven sei die Gesamtsumme im GAV24 eigentlich höher als die 4000 Franken Mindestlohn. Neu wird auch der Bereitschaftsdienst zusätzlich abgegolten, es gibt zudem Teilzeitmodelle für Eltern und Studierende.
Kapers findet es zwar ärgerlich, dass die Swiss beim Mindestlohn nicht mehr entgegengekommen ist. Die Zukunftsperspektiven hätten sich mit den variablen Lohnbestandteilen aber deutlich verbessert. «Ich persönlich bin davon überzeugt, dass ein Grossteil unserer Mitglieder diese Auffassung teilt», sagt Nikolic-Fuss weiter.
Swiss investiert 200 Millionen Franken
Die Swiss dagegen argumentiert, dass der GAV23 trotz Mindestlohn von 4000 Franken nicht angenommen wurde. «Sie haben sich neben mehr Lohn auch zahlreiche andere Änderungen gewünscht. Diesen Bedürfnissen sind wir entgegengekommen», teilt eine Sprecherin auf Anfrage mit. Insgesamt investierte die Swiss in den kommenden fünf Jahren mit dem neuen Vertrag rund 200 Millionen Franken «in unsere Kolleginnen und Kollegen in der Kabine».
Das sieht auch Kapers so: «Die Swiss wird deutlich mehr für diese Verbesserungen aufwenden, als sie es beim GAV23 getan hätte.» Zwar ist das Kabinenpersonal nicht mit allen Punkten zufrieden. «Wir haben an 28 Verhandlungstagen für das bestmögliche Ergebnis gekämpft und sind der Meinung, dass sich die erreichten Verbesserungen tatsächlich sehen lassen können», so Nikolic-Fuss weiter. Das müssen jetzt die Kapers-Mitglieder entscheiden.