Milliardenprozess in Paris
Schluckt die UBS die bittere Pille in Frankreich?

Die UBS kämpft in Frankreich immer noch gegen den Schuldspruch wegen Beihilfe zur rechtswidrigen Kundenanwerbung und Geldwäscherei. Die Bank soll fast 2 Milliarden Euro zahlen. Am kommenden Mittwoch entscheidet der oberste Gerichtshof des Landes über den Rekurs.
Publiziert: 14.11.2023 um 20:54 Uhr
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Aktualisiert: 14.11.2023 um 22:07 Uhr
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Am Mittwoch muss sich die UBS erneut vor Gericht verantworten.
Foto: keystone-sda.ch

Der Rechtsstreit zieht sich jetzt schon seit zehn Jahren hin. Seit 2013 laufen die Untersuchungen der französischen Behörden. Im Februar 2019 wurde die UBS erstmals vom Pariser Strafgericht wegen unerlaubter Geldgeschäfte und der Beihilfe zur Geldwäsche zu einer happigen Zahlung von insgesamt 4,5 Milliarden Euro verurteilt.

Und auch in zweiter Instanz wurde die Bank im Dezember 2021 schuldig gesprochen. Das französische Berufungsgericht befand, dass die Grossbank zwischen 2004 und 2012 illegal bei reichen französischen Steuerzahlern geworben habe. Sie habe die Kunden dazu bewegen wollen, nicht deklarierte Konten in der Schweiz zu eröffnen, so das Urteil.

Keine neuen Beweise zulässig

Vor dem «Cour d'appel» in Paris fiel die Busse allerdings deutlich tiefer aus. Das Gericht verlangte eine Zahlung von insgesamt gut 1,8 Milliarden Euro. Darin enthalten ist eine Busse in der Höhe von 3,75 Millionen, die Einziehung von 1 Milliarde Euro und eine zivilrechtliche Schadenersatzzahlung von 800 Millionen.

Auch gegen dieses Urteil legte die UBS wieder Berufung ein. Ende September kam es daher zu einer Anhörung vor dem Kassationsgerichtshof – der höchsten Instanz in Frankreich. Der «Supreme Court» beurteilt den Fall nicht «de novo», sondern befasst sich etwa mit der Frage, ob das Berufungsgericht das Recht korrekt angewendet hat. Es überprüft Urteile auf Rechtsfehler. Die Parteien hielten Plädoyers; es wurden aber keine neuen Beweise aufgeführt.

Am Mittwoch – voraussichtlich am frühen Nachmittag – wird das Gericht nun schriftlich sein Urteil verkünden. Sollte das oberste Gericht Frankreichs am Mittwoch nun etwas am Urteil zu bemängeln haben, dann würde der Fall wieder an das Appellationsgericht zurückgehen. Es würde quasi zu einem neuen Verfahren kommen. Wird die Kassationsbeschwerde der UBS allerdings abgewiesen, dann hätte die Bank auch vor der letzten Instanz in Frankreich verloren.

Im ersten Fall – dem neuen Verfahren – würden die Karten theoretisch wieder neu gemischt. Das Gericht hat keine Verpflichtung, ein milderes Urteil zu sprechen. Aber gemäss der Erfahrung von Experten kann die UBS dann aber auf eine tiefere Forderung hoffen. Im zweiten Fall – bei einer Niederlage in letzter Instanz – wäre das Urteil des Berufungsgerichts in Frankreich rechtskräftig.

Besser ad acta legen?

Die UBS geht offenbar davon aus, dass sie mit ihrer Beschwerde Erfolg haben könnte. Ansonsten hätte sie wohl keinen Rekurs eingereicht. Ein Sieg würde aber auch bedeuten, dass diese Rechtsangelegenheit nochmals deutlich länger in der Schwebe bleiben würde. Manche Marktanalysten hatten bereits nach dem Urteil im Dezember 2021 die Meinung vertreten, dass es besser gewesen wäre, das Urteil zu akzeptieren und den Fall ad acta zu legen.

Hätte die UBS das Urteil akzeptiert, hätte sie allerdings auch den Schuldspruch akzeptiert. Damit hätte das Institut eingestanden, Kriminellen bei Geldwäscherei geholfen zu haben, was auch Risiken für die weiteren weltweiten Geschäfte birgt. Die Bank bestreitet jegliches strafrechtliches Fehlverhalten.

Anwalt Patrice Spinosi, der die UBS in Frankreich verteidigt, bezeichnete den Fall an der Anhörung im September als ausserordentlich: Ws sei das erste Mal in Europa, dass eine Schweizer Bank verurteilt werde, weil sie Kundengelder «im Einklang mit dem Bankgeheimnis» verwaltet habe.

Ein Kraftakt für die UBS

Die Whistleblowerin, die den Fall einst ins Rollen brachte, und ehemalige UBS-Mitarbeiterin Stéphanie Gibaud erhebt derweil schwere Vorwürfe gegen die französische Regierung. Sie sei zur Kooperation mit den Behörden gezwungen worden, sagte sie zur «NZZ am Sonntag». Und der Kampf der Regierung gegen die Steuerflucht habe sich im Nachhinein als reine Maskerade entpuppt: «Mit dem Feldzug gegen die UBS wollte die Regierung die eigenen Skandale um die illegale Finanzierung der Partei von sich fernhalten.»

Wird das Verfahren vor dem Berufungsgericht tatsächlich neu aufgerollt, wird das noch länger Ressourcen und Energie absorbieren. Die UBS muss aber derzeit mit der CS-Integration einen Kraftakt vollziehen, hat also schon alle Hände voll zu tun.

Zurückgestellt hat die UBS 1,1 Milliarden Euro. Es droht also ein hoher zusätzlicher Verlust, sollte der französische «Supreme Court» das Urteil des Berufungsgerichts bestätigen. Von den anderen offenen grösseren Rechtsstreitigkeiten hatte die UBS in jüngster Zeit drei (RMBS, Archegos, Mosambik) – letztere zwei von der CS geerbt – zu einem Ende gebracht. (pbe/SDA)

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