Die UBS steht am Mittwoch in Paris wieder einmal vor Gericht. Es geht um den Steuerstreit mit Frankreich. Vor einem Berufungsgericht war die Grossbank Ende 2021 zur Zahlung einer Busse von umgerechnet 1,74 Milliarden Franken verurteilt worden. Darin enthalten ist eine Zahlung von knapp 800 Millionen Franken Schadenersatz an den französischen Staat. Geld, das die UBS bereits auf ein Sperrkonto überwiesen hat.
Das ist deutlich weniger als in der ersten Instanz. 2019 war die UBS zu einer Zahlung von rund 4,5 Milliarden Franken verurteilt worden. Aber schon immer war klar, dass die UBS diesen Steuerstreit in Frankreich bis zur letzten Instanz durchkämpfen wird. Der damalige und aktuelle UBS-Chef Sergio Ermotti hatte diesen Kampf um Gerechtigkeit in Frankreich schnell zur Chefsache erklärt – verlieren nicht erlaubt.
Keine neuen Beweise
Deshalb hatte die UBS auch gegen das zweite Urteil Berufung eingelegt – beim Kassationsgerichtshof, dem höchsten Gericht in Frankreich. Dazu wird die UBS nun am Mittwoch angehört. Allerdings ist das Ganze ein sehr technischer Prozess, geht es doch nur darum, ob die Vorinstanz das Recht richtig angewendet hat oder nicht. Neue Tatsachen oder Argumente werden nicht verhandelt.
Käme der Kassationsgerichtshof zum Schluss, dass die Vorinstanz das Recht – oder Teile davon – nicht richtig angewendet hat, könnte diese letzte Instanz die Verurteilung der UBS ganz, teilweise oder gar nicht aufheben. Was aufgehoben wird, muss dann vor einem Berufungsgericht neu verhandelt werden.
Sollte der Kassationsgerichtshof dem Urteil der Vorinstanz vollumfänglich zustimmen, bliebe der UBS nur noch der Gang vor den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte.
Neubemessung der Busse möglich
Für den Rechtsexperten Peter V. Kunz steht für die UBS am kommenden Mittwoch viel auf dem Spiel: «Für die Bank kann es nur noch besser kommen. Die UBS ist in dieses Verfahren schlecht gestartet, hat sich dann aber erholt.» Denn die UBS darf tatsächlich auf eine Reduktion der Bussgelder hoffen, das hat auch mit einer Änderung in der französischen Rechtssprechung zu tun: «Jetzt geht es nur noch um die Höhe der hinterzogenen Steuern und nicht mehr wie früher um die Höhe der dem Fiskus entzogenen Vermögen.»
Ein bedeutender Unterschied, sind doch die Vermögen um einiges höher als die darauf zu entrichtenden Steuern. Selbst eine endgültige Verurteilung der UBS im Steuerstreit mit Frankreich könnte die Bank heute wegstecken: «Der strafrechtliche Vorwurf dürfte an der UBS hängenbleiben», so Kunz. «Die Chancen auf einen vollständigen Freispruch sind gering.» Nur sei das heute ein viel kleineres Problem als noch vor zehn Jahren. «Die Anforderungen an institutionelle Anleger haben sich geändert, auch Pensionskassen oder Lehrer-Gewerkschaften in den USA sind nicht mehr so heikel wie früher.»
Das Sündenregister der UBS
Das hat auch damit zu tun, dass strafrechtliche Verurteilungen von Grossbanken heute fast schon zum «schlechten» Ton gehören. Will heissen, wer auf das Sündenregister der Banken bei seinen Anlageentscheiden Rücksicht nimmt, dem könnte einiges an Rendite verloren gehen. Darauf wollen offenbar immer weniger institutionelle Anleger verzichten.
So viel musste die UBS in den letzten Jahren für Rechtsfälle bezahlen (in Franken):
- 2023: 1,4 Milliarden, «Ramsch-Hypotheken» (RMBS)
- 2022: 0,8 Milliarden, Steuerstreit Frankreich (Schadensersatz)
- 2017: 1,1 Milliarden, Steuerstreit Frankreich (Kaution)
- 2014: 0,8 Milliarden, Devisenhandel
- 2014: 0,3 Milliarden, Steuerstreit Deutschland
- 2013: 0,8 Milliarden, Hypotheken USA
- 2012: 1,4 Milliarden, Liborskandal
- 2009: 0,8 Milliarden, Steuerstreit USA
- Quelle: TA/Finanz und Wirtschaft
Geht der Fall der UBS im Steuerstreit tatsächlich an die Vorinstanz zurück, dann könnte die Bank darauf hoffen, dass die Busse nochmals reduziert wird. Ob es so weit kommt, dürfte das Kassationsgericht in einigen Wochen entscheiden. Je nach Höhe der Busse – die das Berufungsgericht neu festlegen müsste – bleibt dann die spannende Frage, ob die UBS vielleicht sogar einen Teil der bereits entrichteten Kaution von 1,1 Milliarden Franken wieder zurückbekommt.