Auf einen Blick
- Kunden erhalten 555 Superpunkte für eine CSS-Offerte
- Aktion bringt Coop detailliertere Daten über Kunden
- Kundendaten werden analysiert und an Partner verkauft
«+555 Superpunkte für Ihre CSS-Krankenkassen-Offerte» – das steht in der Betreffzeile der Coop-Werbemail vom 27. September.
Als Franz Meier die Nachricht öffnet, lächelt ihn eine Frau mittleren Alters von einem Foto breit an. In den Händen hält sie ein Sparschwein.
Doch Meier, der eigentlich anders heisst, ärgert sich. «Just in dem Moment, wo dem Unding Telefonwerbung der Krankenkassen endlich Einhalt geboten wird, benutzt Coop seine Kundenadressen für Krankenkassenwerbung.»
Das ist ein Beitrag aus dem «Beobachter». Das Magazin berichtet ohne Scheuklappen – und hilft Ihnen, Zeit, Geld und Nerven zu sparen.
Das ist ein Beitrag aus dem «Beobachter». Das Magazin berichtet ohne Scheuklappen – und hilft Ihnen, Zeit, Geld und Nerven zu sparen.
Es ist eine «bezahlte Kooperation»
Wer «jetzt gratis» eine Krankenkassen-Offerte der CSS bestelle, erhalte die Zusatzpunkte. «Klingt nach einem gesunden Deal?», fragt Coop rhetorisch. Nicht gesund, sondern stossend, findet Meier das.
Betätigt sich Coop neu als Versicherungsvermittler? Nein, sagen Coop und CSS auf Anfrage des Beobachters. «Es handelt sich um eine bezahlte Kooperation», schreibt die CSS.
Coop erhalte darüber hinaus keine Provision pro abgeschlossene Versicherung. «Wir sind stets interessiert an Kooperationen mit externen Partnern, damit unsere Kundinnen von attraktiven Angeboten profitieren und die Supercard vielseitig einsetzen können», ergänzt Coop.
Coop erhält dadurch mehr Kundendaten
In Wahrheit machen solche Aktionen nicht die Kunden reicher, sondern den Detailhändler: Sie erhalten so noch detailliertere Daten über ihre Nutzerinnen und Nutzer. Denn die Zusatzpunkte werden nur jenen Interessenten gutgeschrieben, die auf dem Offertenportal der CSS Name, Adresse, eine gültige Telefon- und ihre Supercard-Nummer eingeben.
Kann die CSS erfolgreich einen ersten Telefonkontakt herstellen, meldet sie Coop die entsprechende Supercard-Nummer. Und weiss so anschliessend, welche Kunden affin auf Versicherungsthemen sind.
Mehr zu Coop und CSS
Lucien Jucker, Leiter Datenschutz beim Konsumentenschutz, sagt, solche Aktionen seien nicht neu. «Aber es ist gut möglich, dass mit dem jetzt gültigen Verbot der Kaltakquise – also der telefonischen Kontaktaufnahme mit Personen, die keine Kunden sind und auch den Kontakt nicht aktiv verlangen – Krankenkassen vermehrt Kooperationen mit Firmen suchen, die einen grossen Kundenstamm haben.»
Rechtlich sei die Aktion von Coop zwar in Ordnung. Was viele Coop-Kundinnen und -Kunden aber nicht wüssten: Der Detailhändler hat vor zwei Jahren ein Tool entwickelt, mit dem er seine Kundendaten aufbereiten und auswerten kann – und die verkauft er an Partner weiter. «Was dort wie zusammengestellt und an wen verkauft wird, ist eine komplette Blackbox», sagt Jucker.
Erlaubt ist, was nicht verboten ist
Wie eine Firma Kundenangaben speichert und allenfalls weiterverwendet, muss sie heute in ihren Datenschutzrichtlinien festlegen. Erlaubt ist alles, was nicht gegen das Gesetz verstösst oder für Kunden unerwartbar ist.
Und die Firmen schulden niemandem Rechenschaft darüber, was sie tatsächlich mit den erhobenen Daten machen, solange kein Rechtsverstoss vorliegt.
«Die Coop-Datenschutzerklärung erlaubt relativ viel», weiss Jucker. «Kundinnen und Kunden sollten sich gut überlegen, ob sie für umgerechnet Fr. 5.55 preisgeben wollen, dass sie sich über Versicherungsmodelle der CSS informiert haben», mahnt er.
Bei Prämienrechnern informieren
Wie viel Entschädigung Coop von der CSS für die Bewerbung des Versicherungsangebots erhält, dazu wollen sich beide Parteien nicht äussern.
Für Lucien Jucker ist sowieso klar: «Personen, die ihre Krankenversicherung wechseln wollen, sollen sich bei unabhängigen Prämienvergleichsrechnern informieren, ohne dass jemand daran verdient oder ihre Daten bekommt. Das Einholen einer einzigen Versicherungsofferte ist nicht der beste Weg, um Geld zu sparen.»