Auf einen Blick
- Ein 370 Jahre altes Weinbauernhaus soll abgerissen werden
- Gemeinde setzt Zentrumsentwicklung über Denkmalschutz
- 2018 stimmte das Volk einem Gestaltungsplan zu
Bis vor kurzem war Kilchberg ZH am linken Zürichseeufer ein bescheidenes, kleines Dorf. Landwirtschaft und Weinbau prägten die Gemeinde. Die Stadt Zürich war weit weg. Doch Kilchberg hat sich gewandelt, ist längst zusammengewachsen mit der Stadt. Mit ihrer begehrten Wohnlage macht das Dorf an der Pfnüselküste längst der Goldküste Konkurrenz. Kritische Beobachter nennen die Gemeinde längst das «Monaco der Schweiz».
Die letzten Spuren der ländlichen Vergangenheit verschwinden. Wo ein Haus abgerissen wird, entstehen mächtige Terrassenwohnungen. Ähnlich ergeht es einem 370 Jahre alten Weinbauernhaus. Es steht an bester Lage mitten im Dorf, direkt beim Bahnhof. Die Gemeinde hat entschieden, es nicht unter Schutz zu stellen, wie die «Zürichsee-Zeitung» berichtet. Ein Gutachter stuft die Schutzwürdigkeit des vernachlässigten Hauses mit Baujahr 1656 als «gering bis mittel» ein.
«Wir haben keine andere Wahl»
Der Gemeinderat von Kilchberg findet die Zentrumsentwicklung – von der Stimmbevölkerung abgesegnet – wichtiger als der Denkmalschutz. Anstelle des Bauernhauses plant Coop einen Neubau mit Wohnungen und Laden. Das Haus soll abgerissen werden. Bereits 2018 hat das Volk einen entsprechenden Gestaltungsplan angenommen. Seither beschäftigt das Bauvorhaben Baujuristen und Behörden. Der Zürcher Heimatschutz rekurrierte gegen die Pläne. Das Verwaltungsgericht entschied, dass der Gemeinderat die Schutzwürdigkeit des Gebäudes untersuchen müsse.
Beim Heimatschutz versteht man nicht, dass das Weinbauernhaus nun abgerissen werden soll. «Als ich das Verdikt hörte, war ich sprachlos», sagt Martin Killias. Es stehe «so gut wie fest», dass der Heimatschutz Rekurs ergreife gegen die Nichtunterschutzstellung. «Wir haben keine andere Wahl», sagt Killias zur «Zürichsee-Zeitung». Eines der ältesten Häuser am Zürichsee dürfe nicht ohne Not abgebrochen werden.
Kilian betont, dass Coop nicht auf eine neue Filiale verzichten müsse. «Mit etwas Fantasie der Architekten könnte Coop ein Geschäft im ehemaligen Bauernhaus unterbringen», fügt er an. Schliesslich habe es dort 150 Jahre lang Verkaufsflächen gegeben. Und auch Wohnungen seien vorhanden. Die Gemeinde steht mit Coop und Heimatschutz in Kontakt. Sie will weitere Verzögerungen vermeiden. Coop will sich wegen des laufenden Verfahrens nicht äussern.