Auf einen Blick
- Fünf Personen wegen Baufehlern angeklagt
- Zwei Beteiligte teilweise schuldig
- Schäden werden auf über 2 Millionen Franken geschätzt
Jetzt ist klar, wer die Schuld am missglückten Bau der Luxusvilla der Eishockey-Legende Mark Streit (46) trägt: Das Regionalgericht Bern-Mittelland hat am Mittwoch drei der fünf angeklagten Baufachleute im Gerichtsprozess rund um den Villa-Neubau freigesprochen. Zwei sind teilweise schuldig.
Das Gericht sprach den Architekten und Bauleiter des Projekts wegen Widerhandlung gegen das kantonale Baugesetz durch Bauen ohne Baubewilligung und durch Falschausfüllen des amtlichen Formulars für die baupolizeiliche Selbstdeklaration schuldig. Ebenfalls schuldig: ein Bauführer einer auf Bohrungen von Erdwärmesonden spezialisierten Firma. Dieser habe Auflagen missachtet und deshalb auch gegen das Baugesetz verstossen.
Was ist passiert?
Streit hatte sich im Nobelquartier Halden in Muri BE 2019 eine Traumvilla bauen lassen – Infinity-Pool und Koi-Teich inklusive. Seither sorgt das Anwesen für mächtig Ärger im Paradies der Reichen und Schönen. Denn beim Bau seines Luxusanwesens an Hanglage kam es zu einem verhängnisvollen Zwischenfall.
Während der Bohrung für eine Erdwärmesonde trafen die Arbeiter auf einen sogenannten Arteser – eine unterirdische, mit Grundwasser gefüllte Höhle. Seit inzwischen über vier Jahren treten aus dem Untergrund des Hangs grosse Mengen Wasser aus. Nicht nur Streits Grundstück ist davon betroffen. Auch fünf Nachbargrundstücke haben seither mit Überschwemmungen und massiven Wasserschäden zu kämpfen.
Wer trägt die Schuld?
Die Strafabteilung des Regionalgerichts Bern-Mittelland beschäftigt sich seit August 2024 mit dem Fall. Das Gericht sollte klären, was beim Bau schiefgelaufen ist und wer dafür die Schuld trägt. Fünf am Bau beteiligte Personen mussten sich vor Gericht verantworten: der Bauführer und der Geschäftsführer einer Erdbohrfirma, Streits Architekt, ein Gebäudetechnikspezialist sowie der Bohrmeister. Blick sind die Namen der Angeklagten bekannt.
Den Beteiligten wurden Widerhandlungen gegen das kantonale Gewässerschutzgesetz, Widerhandlung gegen das kantonale Baugesetz und Urkundenfälschung vorgeworfen. So sollen nur zwei der drei Erdsondenbohrungen bewilligt worden sein. Und genau bei der dritten Bohrung nahm das Unheil seinen Lauf. Zudem soll das Amt für Wasser und Abfall des Kantons Bern erst Wochen nach dem Zwischenfall informiert worden sein. Das, obwohl ein solcher Vorfall unverzüglich gemeldet werden müsste. Einem Angeklagten wurde zudem Urkundenfälschung vorgeworfen. Alle fünf Angeklagten forderten bei der Verhandlung einen Freispruch.
Schadenssumme in Millionenhöhe
Der Bau von Streits Villa hat auf den Nachbargrundstücken riesige Schäden angerichtet. Immer wieder stehen die Keller der Nachbargrundstücke unter Wasser, ihre Gärten werden zu Sumpflandschaften. «Bis heute treten mehrere Kubikmeter Wasser pro Tag aus», sagte Gaël Kratochvil (42) im April dieses Jahres zu Blick. Seiner Mutter gehört das Grundstück direkt unter Streits Villa. Bei ihr brachen Treppenstufen im Garten, Bodenplatten hoben sich. Im Technikraum tropft Wasser von der Decke.
Der missglückte Hausbau
Die Grenzmauer des Neubaus hat sich in der Zwischenzeit auf die Grundstücke der Nachbarn verschoben. Der finanzielle Schaden dürfte riesig sein. «Ich schätze die gesamte Schadenssumme bei den betroffenen Nachbarn auf über 2 Millionen Franken oder mehr», sagt Kratochvil.
Sickeranlage soll Abhilfe schaffen
Im Juli 2024, über vier Jahre nach dem Vorfall, fiel der Startschuss für erste Sanierungsarbeiten. Eine Sickeranlage soll das Grundwasser künftig auffangen und ableiten. Die Bauarbeiten sind noch im Gange.
Das Strafverfahren gegen Streit selbst wurde bereits Anfang 2023 eingestellt. Gemäss der Staatsanwaltschaft habe es keine Hinweise darauf gegeben, dass er an den Widerhandlungen beteiligt war. Die aktuellen Urteile des Regionalgerichts Bern-Mittelland sind noch nicht rechtskräftig. Wer für die entstandenen Schäden bezahlen soll, wird zu einem späteren Zeitpunkt ein zivilrechtliches Verfahren klären.