Machtkampf um Ermotti-Nachfolge
Das ist der neue Rivale von Iqbal Khan

Als Aktienhändler wurde er einst «Killer Karofsky» genannt. Nun ist Rob Karofsky neben Khan Anwärter auf den UBS-Chefposten. Wer ist der Mann?
Publiziert: 09.06.2024 um 12:21 Uhr
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Rob Karofsky soll als neuer Co-Leiter das Geschäft mit den Reichen in den USA voranbringen.
Foto: ZVG
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Holger Alich
Handelszeitung

UBS-Chef Sergio Ermotti steht nach der Übernahme der Credit Suisse auf dem Zenit seiner Macht. Doch das Interesse der Öffentlichkeit gilt weniger der komplexen Integration, die er und sein Team nun stemmen müssen. Sondern der Frage: Wer folgt auf den Tessiner als UBS-Chef, dessen Abgang ab 2027 erwartet wird?

Diese für Ermotti unschöne Debatte verdankt er seinem Verwaltungsratspräsidenten Colm Kelleher. Der Ire hatte die Nachfolge-Diskussion im vergangenen November selbst losgetreten. Und sie wird weiter befeuert durch den Umbau des Topmanagements, den die Bank vergangene Woche bekannt gab.

Kelleher folgt seinem Drehbuch zur CEO-Suche

Wichtigste Änderung ist die Versetzung des bisherigen Investmentbank-Chefs Robert Karofsky auf den Posten des neuen Co-Chefs der Vermögensverwaltung. Iqbal Khan, der bisher alleiniger Herrscher des Kerngeschäfts war, wird zweiter Co-Head und soll in dieser Funktion nach Asien ziehen. Die Wechsel folgen eins zu eins dem Drehbuch, das Kelleher vorgegeben hatte: Er will mehrere interne Kandidaten gegeneinander antreten lassen, die möglichst in verschiedenen Bereichen der Bank Erfahrungen gesammelt haben sollen.

Artikel aus der «Handelszeitung»

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Mit Karofskys Versetzung wird dem Favoriten Khan also ein interner Rivale aufgebaut. Doch wer ist der Mann? Wie sieht sein Leistungsausweis aus? Und wie gross sind seine Chancen, am Ende das Rennen zu machen? Die «Handelszeitung» hat sich bei Kollegen und Wettbewerbern umgehört.

Viele Schlagzeilen hat Karofsky nicht produziert und genau das war als Chef der Investmentbank auch sein Job. Geräuschvoll verlief lediglich Karofskys Abgang als Co-Chef des Aktienhandels bei der Deutschen Bank im Jahr 2010, bei dem eine private Affäre eine Rolle gespielt haben soll. 2014 heuerte er bei der UBS an, 2018 machte ihn Ermotti zusammen mit dem Dealmaker Piero Novelli zum Co-Head der Investmentbank.

Karofsky trat damit die Nachfolge des Star-Bankers Andrea Orcel an. Beide könnten vom Typ her unterschiedlicher nicht sein: Orcel war einer der letzten «Rain Maker», der Milliarden-Deals einfädelte. Er schrumpfte die Investmentbank der UBS mit Erfolg, und doch blieb diese eine Profitquelle. Orcel hat Charisma, entscheidet top down und gilt als rücksichtsloser Antreiber seiner Truppen. Derzeit sorgt er als Chef der italienischen Unicredit für Furore, deren Aktienkurs er vervierfachen konnte.

«Auch Karofsky wurde von Orcel gefoltert», berichtet ein US-Investmentbanker, der beide kennt. Nach Orcels Abgang setzte Ermotti mit dem ruhigen Karofsky und Novelli auf eine mehr teamorientierte Führungskultur der Investmentbank, auch in der Hoffnung, so die Zahl der Abgänge vor allem in der Beratungssparte zu senken. Das Fachblatt «Euromoney» wunderte sich allerdings, dass Karofsky sich die Leitung der Investmentbank mit Novelli teilen musste, obwohl die Handelssparte des US-Amerikaners viel grösser und profitabler war. Sein Talent als Aktienhändler brachte ihm bei der Deutschen Bank den Spitznamen «Killer Karofsky» ein.

Archegos-Skandal prallt an ihm ab

«Rob ist ein guter Parteisoldat, er tut, was man ihm sagt», sagt ein Arbeitskollege über ihn. 2019 schaute er sich bei der Credit Suisse etwas ab, als er im US-Geschäft den Handel mit der Vermögensverwaltung verzahnte, um reichen US-Kunden mehr Investmentbanking-Dienste zu verkaufen. Die CS hatte mit der Einheit International Trading Solutions vorgemacht, wie das geht. 2020 vereinfachte das Duo aus Karofsky und Novelli die Strukturen der Investmentbank und nahm so auch Kosten aus dem Apparat.

Im Februar 2021 verliess der Italiener Novelli die UBS, um Präsident der Börse Euronext zu werden. Und Karofsky wurde alleiniger Chef der Investmentbank. Kurz danach explodierte der Fall Archegos: Das Family-Office von Bill Hwang hatte mit zahlreichen Grossbanken Spekulationsgeschäfte auf Pump betrieben. Als die milliardenschweren Wetten in die Hose gingen, sassen die Banken auf riesigen Verlusten. Mit Abstand am härtesten traf es die Credit Suisse, die 5 Milliarden Dollar verlor. Der Skandal kostete den damaligen Leiter der CS-Investmentbank Brian Chin den Job.

Auch die UBS setzte mit Archegos 861 Millionen Dollar in den Sand. Und Karofsky? Der blieb. «Das war ein einzigartiges Ereignis», meinte der damalige UBS-Chef Ralph Hamers lapidar. Das Problem sei primär gewesen, dass die einzelnen Banken, die mit Archegos geschäfteten, nicht gewusst hätten, dass die anderen Banken vergleichbare Positionen hatten. Sprich, es gab keine Notwendigkeit für personelle Konsequenzen auf Ebene Geschäftsleitung.

Die UBS will die Nummer sechs werden

Mit der Übernahme der Credit Suisse kann Karofsky die UBS-Investmentbank nun da verstärken, wo sie ihre grossen Schwächen hat: in den USA, vor allem im Geschäft mit Fusionen und Übernahmen. «Dort spielt die UBS eigentlich keine Rolle mehr», meint ein Konkurrent. Das räumte Karofsky sogar selbst gegenüber dem «Wall Street Journal» ein, dem er im Dezember sagte, dass die UBS im US-Geschäft «gefährlich nahe daran sei, irrelevant zu werden».

Von Ermotti und Kelleher bekam er daher das OK, das US-Geschäft vorsichtig auszubauen. Mit Betonung auf «vorsichtig». Karofsky selbst gab als Ziel an, die Nummer sechs der Investmentbanken in den USA werden zu wollen. Keine Rede mehr davon wie zur Jahrtausendwende, als die UBS im US-Investmentbanking Grössen wie Goldman Sachs vom Thron stossen wollte, was bekanntlich 2008 damit endete, dass der Staat die Schweizer Grossbank vor dem Kollaps bewahren musste.

Sprich, Rob Karofsky ist ein solider, unprätentiöser Schaffer, der die Investmentbank weitgehend geräuschlos und mit soliden Ergebnissen führt. «Charisma zählt sicher nicht zu seinen Stärken», sagen mehrere Topbanker, die ihn kennen.

Doch nun erhält er eine komplett neue Aufgabe: reiche Kunden zu umgarnen. Dabei soll der 57-Jährige das schaffen, woran sich zahlreiche Führungskräfte vor ihm inklusive Iqbal Khan die Zähne ausgebissen hatten: das US-Vermögensverwaltungsgeschäft auf Vordermann zu bringen.

Interne Skepsis

Mit rund 1,9 Billionen Dollar angelegter Vermögenswerte ist es zwar riesig, wirft aber nur rund 1 Milliarde Vorsteuergewinn ab und damit 200 Millionen weniger als das viel kleinere Schweiz-Geschäft. Zwar gilt es als richtig, dass sich ein US-Amerikaner um dieses schwierige Geschäft wieder vor Ort kümmert. Doch intern gibt es einige Skepsis, ob Karofsky der richtige Typ dafür ist.

«Wie der schon mit seinen Slipper-Schuhen über die Flure schlürft, das versprüht nicht gerade Energie», sagt ein UBS-Insider. Hahnenkämpfe mit dem machtbewussten Khan seien zwar nicht zu erwarten, beide würden sich gut verstehen, heisst es. «Aber er muss die US-Finanzberater für sich gewinnen und motivieren. Dazu braucht es eine starke Figur», so ein Kenner der innersten Machtzirkel. Und ob dem 57-jährigen gelernten Aktienhändler das gelingt, gilt als offen. Und ohne Leistungsausweis im US-Wealth-Management dürfte es Karofsky schwer haben, in die engere Wahl zu kommen, dereinst Ermotti zu beerben.

Erst recht, da es aus Schweizer Sicht schwer vorstellbar ist, dass mit Karofsky der nächste CEO ein Amerikaner wird, wenn gleichzeitig mit Colm Kelleher ein Ire Verwaltungsratspräsident ist und zudem beide im US-Banking den Grossteil ihrer Karriere verbracht haben. Daher spekulierte schon die «Sonntagszeitung», dass Ermotti nach seinem Abgang als CEO direkt Kelleher als Präsident beerben könnte. Kelleher hatte allerdings angekündigt, den Präsidentenjob zehn Jahre lang machen zu wollen, also bis 2032.

Iqbal Khan zieht nach Boom-Asien.
Foto: Marc Wetli/13PHOTO

Karofskys Versetzung ins US-Wealth-Management dürfte in jedem Fall Khans Chancen auf den CEO nicht mindern, auch wenn dies zuweilen so dargestellt wird. UBS-Insider halten Khans Versetzung ins schnell wachsende Asien vielmehr für einen «smarten Move», denn dort ist es einfacher zu glänzen als im schwierigen US-Geschäft.

Was langjährige UBSler in dem Kontext verwundert, ist, dass es Bankpräsident Kelleher trotz seiner langen Ära bei Morgan Stanley bisher nicht gelungen ist, einen US-Topbanker zur UBS zu lotsen, etwa um endlich das US-Wealth-Management auf Vordermann zu bringen. Stattdessen darf sich nun der gelernte Trader Karofsky an dieser Herkulesaufgabe versuchen.

Doch noch bleibt etwas Zeit: Die Nachfolge-Frage Ermottis steht frühestens in drei Jahren an. Das ist im schnelldrehenden Banking eine halbe Ewigkeit. Das weiss niemand besser als Ermotti selbst. Dieser dürfte sich zwar über die Debatte ärgern. Doch wird er sich nicht vom Kurs abbringen lassen, sich selbst mit der erfolgreichen Integration der CS ein Denkmal zu setzen.

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