Gastronom Roger Jenni (54) ist die Frustration deutlich anzuhören. Jenni ist Inhaber der «Stadtalp» in Emmenbrücke LU und der «Ranch» in Kriens LU. Jüngst freute er sich auf ein Firmenbankett, das ganz schön eingeschenkt hätte. An dem 4-Gänge-Menü mit Chateaubriand plus Wein für 110 Personen hätte der Wirt über 17'000 Franken umgesetzt, wie er sagt. Doch das Bankett wurde abgesagt, Jennis Restaurant blieb leer – zum wiederholten Mal. «So schlimm wie im Moment war es in der Pandemie wohl noch nie. Das Januargeschäft war ein absolutes Desaster», sagt Jenni resigniert.
Dabei sahen Jennis Reservationsbücher für den Januar anfangs richtig rosig aus. «Bei uns waren jedes Wochenende zwei bis vier Firmenanlässe gebucht. Die wurden aber leider allesamt abgesagt.» Der Gastronom spürt eine grosse Verunsicherung in der Bevölkerung.
Hunderttausende Franken futsch
Jenni sind durch die Absage der Firmen-Events allein im Dezember und Januar «mehrere Hunderttausend Franken Umsatz» entgangen. Doch damit nicht genug: Mit den anhaltend hohen Corona-Fallzahlen häufen sich auch die kurzfristigen Absagen. «Bei uns gehen täglich mehrere Stornierungen für 4er- und 6er-Tische ein. An vielen Abenden sind die beiden Restaurants bloss zu einem Drittel gefüllt.»
Jenni ist überzeugt, dass die Pandemie-Folgen in der Gastronomie noch lange spürbar bleiben. «Die Umsätze liegen weiterhin deutlich unter dem Vor-Corona-Niveau. Wir sind eine der wenigen Branche, die noch leiden.»
Dass der Bundesrat die Homeoffice-Pflicht aufgehoben hat, freut Jenni zwar, das allein reiche aber nicht aus. «Gäste und Firmen müssen wieder in Stimmung kommen, auswärts zu essen und Banketts durchzuführen.»
Verlängerte Öffnungszeiten als Zeichen
Genau dazu will der Zürcher Gastronom Florian Weber (36) proaktiv einen Beitrag leisten. Gemeinsam mit seinem Geschäftspartner Michel Péclard (52) führt er 14 Gastro-Betriebe im Kanton Zürich. Weber und Péclard weiten ab nächster Woche in sämtlichen Restaurants die Öffnungszeiten wieder aus. «Damit wollen wir ein Zeichen setzen und die Leute dazu animieren, wieder ins Büro zu gehen und auswärts zu essen», sagt Weber. Die Öffnungszeiten waren Anfang Jahr angesichts der Homeoffice-Pflicht und der Personalausfälle durch Omikron eingeschränkt worden.
Er macht sich aber keine Illusionen. «Wir rechnen nicht damit, dass uns die Bude eingerannt wird. Es wird eine Übergangszeit geben.» Das Februar-Geschäft ist in Zürich aufgrund der Sportferien auch in normalen Zeiten eher schwach.
Enttäuscht von den Behörden
Auch Roger Jenni ist überzeugt, dass am Ende die Gastronomen selber für gute Stimmung sorgen müssen. Von den Behörden fühlt er sich im Stich gelassen. So sollen in Luzern Restaurants, die in den letzten zwei Jahren auch nur einen kleinen Gewinn gemacht haben, die Härtefall-Gelder zurückzahlen.
Noch mehr enttäuscht ist er vom Staatssekretariat für Wirtschaft (SECO). Die Arbeitslosenkassen haben den Betrieben für Personal im Monatslohn zwei Jahre lang zu wenig Kurzarbeitsentschädigung bezahlt. Das Bundesgericht beurteilte diese Praxis im November 2021 als gesetzeswidrig.
«Jetzt warten wir darauf, dass das SECO uns so schnell wie möglich mitteilt, wann und wie wir diese Gelder erhalten. Die Betriebe mussten den Behörden in der Pandemie verlässlich und rasch Unterlagen zustellen und dürfen das nun in die umgekehrte Richtung ebenfalls erwarten», sagt Jenni.
Sinneswandel beim Bundesrat
Das SECO verweist auf Anfrage darauf, «dass der Bundesrat voraussichtlich Anfang März entscheiden wird». Das SECO werde im Anschluss daran über das weitere Vorgehen informieren.
Der Bund konnte Jenni in dieser Woche aber immerhin ein wenig besänftigen. Zuerst wollte der Bundesrat den Zugang zu den Härtefall-Geldern verschärfen. Nachdem er dafür viel Kritik einsteckte, hält er nun doch mehrheitlich am bisherigen Härtefall-Regime fest. Wie viele andere Gastronomen befürchtete Jenni, dass er erst sämtliches Firmenkapital abbauen müsste, bevor er Anspruch auf Härtefall-Gelder hat. «Ich habe 30 Jahre gearbeitet und in den Betrieben steckt mein privates Alterskapital.» Die jüngsten Lockerungen lassen Jenni wieder zuversichtlicher in die Zukunft blicken.