Der Preis für Benzin geht durch die Decke. Genauso der Preis für Weizen – und sowieso alles, was zu grossen Teilen aus Russland und der Ukraine kommt. Das sind vor allem Agrargüter und Energie.
Im Fall von Benzin oder Gas spüren wir die Preiserhöhungen unmittelbar an der Zapfsäule – die Schweiz ist direkt abhängig von Rohstofflieferungen aus dem Osten. Bei den Lebensmitteln ist die Sache etwas anders: Die versorgt sich zu rund 60 Prozent selbst. Der Rest stammt aus dem Ausland.
Rekordhoher Weizenpreis
Die Ukraine ist der fünftgrösste Weizen-Exporteur weltweit. Produziert die Ukraine keine Nahrungsmittel, droht die Welt noch stärker zu hungern. Anders die Schweiz: Nur ein bescheidener Teil des Weizens, Mais und Raps kauft die Schweiz aus Russland oder der Ukraine.
Einzig Soja und Sonnenblumenöl für die Tierfütterung kommen zu einem substanziellen Teil aus der Ukraine. Die Preise dafür gehen derzeit durch die Decke. Für Tierfutter hat die Schweiz deswegen sogar schon die Einfuhrzölle reduziert.
Früher oder später schlägt der Krieg in Europas Kornkammer auch aufs Portemonnaie beim Lebensmittelkauf. Weizen kostet auf dem Weltmarkt derzeit rund dreimal so viel wie in Normalzeiten.
Ukraine beschränkt Exporte
Die Zeichen für die weltweite Lebensmittelversorgung stehen schlecht. Die Ernährungsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) warnt vor einer globalen Hungerkrise in den ärmeren Ländern. Im Westen werde es eine Preisexplosion geben.
Was heisst das für die Schweiz? «Die direkten Abhängigkeiten zur Ukraine und Russland sind gering», heisst es beim Bundesamt für Landwirtschaft (BLW). Weil die Ukraine ihre Exporte beschränkt hat, um die eigene Bevölkerung zu ernähren, fehlen allerdings zehn Prozent des weltweit exportierten Weizens. Beim Mais sind es sogar 20 Prozent.
Schweizer Preise nicht unabhängig vom Weltmarkt
«Auf den Weltmärkten führt das zu unterbrochenen Exportketten, was sich in Unsicherheiten und damit ansteigenden Preisen und erhöhter Preisvolatilität auf den internationalen Agrarmärkten niederschlagen kann», schreibt das BLW weiter.
Die Schweiz produziert rund 90 Prozent ihres Weizenbedarfs selbst. Die Versorgung ist generell sichergestellt. Die rekordhohen Weltmarktpreise haben aber einen Einfluss auf hiesige Preise. Mittelfristig werden Gipfeli und Guetzli in der Schweiz wohl teurer.
Düngerherstellung gedrosselt
Unmittelbar zu spüren kriegen Schweizer Bauern heute schon rekordhohe Düngerpreise. Stickstoffdünger, der meisteingesetzte Pflanzennährstoff in der Landwirtschaft, ist im Vergleich zu Normalzeiten bis zu dreimal teurer geworden. «Das ist massiv», sagt Jürg Friedli (49), Geschäftsführer des Düngermittelspezialisten Landor. Und ein Ende der Preissteigerungen zeichne sich vorerst nicht ab.
Im Gegenteil: Die Firma Yara, einer der grössten Düngermittelherstellern Europas, drosselt ihre Produktion auf rund die Hälfte. Grund seien die rekordhohen Gaspreise.
Kommen Pflichtlager zum Zug?
Die Verfügbarkeit in der Schweiz sei aber gewährt, sagt Friedli. Es sei jedoch schwieriger geworden, an Dünger zu kommen. Denn weltweit gesehen ist Russland ein bedeutender Düngerexporteur. Die Ware auf dem Weltmarkt wird knapp, die Preise steigen.
«Wenn alle Stricke reissen, kommen die Pflichtlager zum Einsatz», sagt Jürg Friedli. In diesen wird rund ein Drittel des jährlichen Stickstoffdünger-Bedarfs gelagert. Bislang mussten diese aber noch nicht angebrochen werden. (gif)