Das Coronavirus macht Klaus Schwab (83) einen Strich durch die Rechnung. Das World Economic Forum (WEF) findet 2021 nicht wie geplant in Singapur statt. Die neuen Indien-Mutanten, die im bislang beinahe coronafreien Inselstaat aufgetaucht sind, haben die Organisatoren auf dem falschen Fuss erwischt.
Wie geht es jetzt weiter? Sind solche Treffen überhaupt noch zeitgemäss? Und vor allem: Wer kommt im nächsten Jahr zum Handkuss? Dürfen sich die Hoteliers in Davos GR wieder über zahlungskräftige Kunden im Januar freuen? Klaus Schwab nimmt Stellung im Interview mit Blick.
Blick: Herr Schwab, wann und wo findet das WEF 2022 statt?
Klaus Schwab: In den letzten Monaten hatten wir es immer mit unvorhersehbaren Entwicklungen der Pandemie zu tun. Auch wenn wir optimistisch sind, dass das Virus unter Kontrolle gebracht wird, wollen wir dieses Mal vorsichtig sein und uns im Moment nicht festlegen.
Wie stark setzt sich Singapur dafür ein, das 2022er-Treffen durchführen zu können?
Wir hatten eine hervorragende Unterstützung durch die Regierung und die Wirtschaft in Singapur und können davon ausgehen, dass dies auch in der Zukunft der Fall sein wird.
Im Board of Trustees, das über den Ort entscheidet, sind asiatische Mitglieder stark vertreten. Könnte das den Ausschlag geben?
Gemäss den Statuten sind die Mitglieder verpflichtet, die Gemeininteressen des Forums wahrzunehmen und nicht spezielle Interessen zu vertreten.
Was sagen Sie den Davoserinnen und Davosern, die befürchten, das WEF für immer zu verlieren?
Unser Jahrestreffen hat sich über 50 Jahre hinweg erfolgreich in Davos entwickelt, auch dank der guten Zusammenarbeit mit den Behörden in Bund, Kanton und in der Landschaft Davos und nicht zuletzt der Bevölkerung. Wir möchten deren Erwartungen nicht enttäuschen.
Welche Hausaufgaben muss Davos bis zum nächsten WEF erledigen?
Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer müssen davon ausgehen können, dass der Ablauf, die Infrastruktur und die Gastfreundschaft den berühmten Geist von Davos gewährleisten und dass das Treffen unter Bedingungen stattfinden kann, die die Gesundheit und Sicherheit gewährleisten.
Ist ein grosses Treffen in der Post-Corona-Zeit noch angebracht?
Mehr als je zuvor, aus zwei Gründen: Erstens, virtuelle Treffen können sehr gut dem Meinungs- und Informationsaustausch dienen, aber sie schaffen keine Vertrauensbeziehung, die für eine fruchtvolle Zusammenarbeit so notwendig ist. Zweitens hat uns die Pandemie gezeigt, dass die grossen Herausforderungen nur durch eine Zusammenarbeit zwischen Regierungen und Unternehmen bewältigt werden können. Reine Regierungstreffen wie G20 und G7 müssen durch ein Treffen ergänzt werden, das alle Entscheidungsträger umfasst.
Werden Sie eines Tages US-Präsident Biden in Davos begrüssen können?
In seiner Eigenschaft als Senator und Vize-Präsident war Präsident Biden seit vielen Jahren ein engagierter Teilnehmer in Davos, und wir hoffen natürlich, dass dies auch in Zukunft der Fall sein wird.