Kinder, Bauern, Fabrikarbeiter
Sie bleiben am WEF unsichtbar

Die Mehrheit der WEF-Teilnehmer ist männlich, mittleren Alters und vermögend. Auf der Strecke bleiben Menschen, die in Armut leben oder Kinder, die im Krieg aufwachsen. Hilfsorganisationen weibeln in Davos für ihre Interessen.
Publiziert: 19.01.2024 um 13:19 Uhr
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Aktualisiert: 20.01.2024 um 09:23 Uhr
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Während sich die Welt-Elite in Davos zum WEF trifft, bleiben marginalisierte Gruppen auf der Strecke.
Foto: AFP

Die WEF-Teilnehmenden lassen sich im wohlig warmen Davoser Kongresszentrum mit feinen Menüs verköstigen, während sie über die schwierige Weltlage debattieren. Gleichzeitig gehen 800 Millionen Menschen auf der Welt jeden Tag hungrig zu Bett. Kinder fliehen vor Kriegen aus ihrem Zuhause und schlafen in unbeheizten Zeltstädten. 14-jährige Mädchen brechen die Schule ab und werden verheiratet.

Die Schere zwischen Arm und Reich öffnet sich immer weiter: Die Hilfsorganisation Oxfam rechnet innerhalb der nächsten Dekade damit, dass es neben den vielen Milliardären den ersten Billionär geben wird.

Am WEF unsichtbar

«Die Milliardäre übernehmen die Vorherrschaft», kritisiert Oxfam-Interimschef Amitabh Behar am WEF. «Sie verfügen über enorme Macht.» Von den zehn grössten Unternehmen weltweit seien sieben unter der Führung oder im mehrheitlichen Besitz von Milliardären. Die Gewinne der Grosskonzerne wanderten damit in die Taschen jener, die bereits heute die Reichsten seien. «Wo sind am WEF die Bauern, die die Ernte einbringen?», fragt Behar im Gespräch mit Blick rhetorisch. «Wo die Fabrikarbeiter? Wo die kleinen Einzelhändler?»

Noch unsichtbarer sind am WEF Kinder. Sie machen immerhin 30 Prozent der Weltbevölkerung aus. Wenn im Kongresszentrum die Reichen und Mächtigen – mehrheitlich männlich, mehrheitlich mittleren Alters – über die Zukunft der Welt bestimmen, will Carla Haddad Mardini dafür sorgen, dass sie dabei die Kinder nicht vergessen. Mardini ist Direktorin für Fundraising und Partnerschaften beim Uno-Kinderhilfswerk Unicef.

«Die Welt ist gerade kein besonders guter Ort für Kinder», sagt sie im Gespräch mit Blick besorgt. Und denkt dabei nicht nur an die Ukraine und Gaza. «Ich denke auch an Krisen, die komplett unter dem Radar bleiben: Sudan, Jemen, Demokratische Republik Kongo.» Allesamt Konflikte, die seit 20 oder mehr Jahren andauern, mal mehr, mal weniger intensiv. Und mit immer währenden Folgen für die Kinder.

Privatsektor will nichts mit Gaza zu tun haben

460 Millionen Kinder weltweit sind laut Unicef von Konflikten betroffen. Weitere 43 Millionen werden Opfer von Fluten, Stürmen und anderen zerstörerischen Wetterereignissen – und diese nehmen mit dem Klimawandel noch zu.

Mardini weibelt am WEF sowohl bei öffentlichen wie privaten Geldgebern für Unterstützung. Der Privatsektor habe noch nie so viel Hilfe geleistet wie in der Pandemie und beim Kriegsausbruch in der Ukraine. «Das war eine tektonische Verschiebung», lobt die Unicef-Frau. Im Nahen Osten ist der Privatsektor hingegen zögerlicher, Hilfe zu leisten. Niemand will sich an der Palästina-Israel-Frage die Finger verbrennen. Leidtragende sind jene, die im Gazastreifen vergeblich auf Hilfsgüter warten. «Humanitäre Hilfe darf nicht politisiert werden!», fordert Mardini.

Doch es gibt auch Grund zur Hoffnung – auch dank der Schweiz: Besondere Freude bereite ihr die «Giga-Initiative» von Unicef. Sie zielt darauf ab, jede Schule weltweit ans Internet anzuschliessen. Die Initiative wird von der Schweizer Regierung mitfinanziert. «Bildung ist die sinnvollste Investition, die man tätigen kann, um Kinder aus der Armut zu befreien», hält Mardini fest. Ob ihre Botschaft bei den Mächtigen im Kongresszentrum angekommen ist?

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