Die Biermarke Budweiser kann sich glücklich schätzen, dass es an der Fussball-WM nun doch kein Bier gibt. Scheint anti-intuitiv, ist aber wahr: «Mit dem Bierverbot wird Budweiser vom Täter zum Opfer», erklärt Harald Lange (54). Er ist Professor an der deutschen Universität Würzburg, Leiter des dortigen Instituts für Sportwissenschaft und Autor einer aktuellen Studie über die Fanstimmung im Zusammenhang mit der WM.
Die Studie belegt: Erstmals bedeutet eine WM für ihre Sponsoren einen Imageverlust statt eines Imagegewinns. Das ist einzigartig. «Durch das Bierverbot sitzt Budweiser im selben Boot wie die Fans», erklärt der Fanforscher. Man hat Mitleid, statt die Marke für ihr WM-Sponsoring zu verurteilen. «Indem Budweiser humorvoll mit dem Bierverbot umgeht, wird aus der Not sogar eine Tugend», führt Lange aus. Die Biermarke hat versprochen, die Siegernation mit dem übrig gebliebenen Bier aus Katar zu beliefern – gratis natürlich.
Für seine Studie hat Lange mehr als 13'000 Befragungen durchgeführt. Sieben Prozent der Befragten gaben an, dass sich ein WM-Sponsoring positiv aufs Image einer Marke auswirke. Mehr als 70 Prozent halten das WM-Sponsoring für rufschädigend. «Normalerweise ist es genau andersrum», sagt Lange.
Streit um Kapitänsbinde landet vor Gericht
Hinweise auf die verhaltene Stimmung gegenüber der WM gab es schon seit Monaten. Aber: «Fifa-Funktionäre und Sponsoren glaubten daran, dass alles vergessen ist, sobald der Ball rollt», mutmasst Lange.
Diese Hoffnung ist Tage nach dem Turnierstart dahin. Das zeigt etwa der Eklat um die «One Love»-Kapitänsbinde. Am Montag hat die Fifa die Binde als Symbol für Vielfalt und Toleranz an der WM verboten. Nationalteams, die zuvor angekündigt hatten, die Binde zu tragen, knickten ein. Der Deutsche Fussball-Bund (DFB) hat zwar angekündigt, die Fifa im Streit um die Binde vor den Internationalen Sportgerichtshof (CAS) in Lausanne zu ziehen.
Doch selbst wenn der CAS die Fifa in den nächsten Tagen zurückpfeift: Der Schaden ist angerichtet. Der deutsche Detailhändler Rewe hat sein Sponsoring für die deutsche Nationalelf am Dienstag kurzerhand auf Eis gelegt. «Wir stehen ein für Diversität. Diese Haltung leben wir und diese Haltung verteidigen wir – auch gegen mögliche Widerstände», lässt sich Rewe-Chef Lionel Souque (51) in einer Mitteilung zitieren.
Anti-Fifa-Kampagne als Hit
Der Fall Rewe belegt: Neben den offiziellen WM-Sponsoren – dazu gehören neben Budweiser unter anderen auch Adidas oder Coca Cola – stehen nun auch die Sponsoren der einzelnen Nationalmannschaften im Schlaglicht.
«Die Sponsoren ziehen jetzt die Reissleine», bilanziert Lange. «Rewe profitiert Image-technisch vom Rückzieher.» Er vergleicht den Fall mit der schottischen Craft-Bier-Brauerei Brewdog, die jüngst damit warb, kein WM-Sponsor zu sein – und damit weltweit Schlagzeilen machte. Während man früher davon profitierte, an der WM präsent zu sein, wird es nun zum Vorteil, sich bewusst dagegenzustellen.
Schweizer Firmen halten der Nati die Stange
Selbst wenn die jüngste Untersuchung aus Deutschland stammt: Ihre Ergebnisse seien auf die Schweiz übertragbar, ist der Studienautor überzeugt. Für die Schweizer Fussball-Nati sind das schlechte Neuigkeiten. Sie muss um ihre Sponsoren – darunter Swiss, Credit Suisse und Carl F. Bucherer – zittern. Beim Schweizerischen Fussballverband (SFV) gibt man sich gelassen. Man habe keine Hinweise darauf, dass Sponsoren der Nati den Rücken kehren wollten, heisst es auf Anfrage von Blick.
Die Swiss lässt verlauten, sie blicke auf eine langjährige gute Zusammenarbeit mit dem SFV zurück. «Die Entwicklungen in Katar haben keinen Einfluss auf diese Kooperation.» Ähnlich äussert sich Amag. Die anderen Nati-Sponsoren halten sich bedeckt. Es scheint, dass sie der Nationalmannschaft die Stange halten. Zumindest bis zum Ende der WM. Ob sie auch langfristig an ihrem Engagement für den internationalen Fussball festhalten, scheint mit Blick auf die Skandal-WM in Katar allerdings fraglich.