Verein «Faire Märkte Schweiz» stellt sich im Video vor
0:42
Sie wollen faire Preise:Verein «Faire Märkte Schweiz» stellt sich im Video vor

Kampf um faire Preise in der Landwirtschaft
So will ein Verein Migros und Coop in die Knie zwingen

Neu gibt es die erste Notrufnummer für Bäuerinnen und Bauern. Denn sie werden nicht fair für ihre Produkte bezahlt, heisst es. Mit der Meldestelle will der neue Verein Faire Märkte Schweiz das nun ändern – und den Grossverteilern Feuer unter dem Hintern machen.
Publiziert: 05.07.2023 um 17:01 Uhr
|
Aktualisiert: 05.07.2023 um 17:52 Uhr
1/8
Die Meldestelle ist schweizweit per Web und telefonisch erreichbar – und zwar kostenlos.
Foto: Bernard van Dierendonck
RMS_Portrait_AUTOR_199.JPG
Milena KälinRedaktorin Wirtschaft

Bäuerinnen und Bauern werden für ihre Produkte nicht fair entschädigt. So lautet der Vorwurf des neu gegründeten Vereins Faire Märkte Schweiz (FMS). Genau dafür will sich dieser jetzt einsetzen und den Marktmachtmissbrauch bekämpfen. Im Visier: Grossverteiler wie Migros und Coop.

«Der Verein kümmert sich um Fairness entlang der gesamten Wertschöpfungskette. Diese ist leider oftmals nicht gegeben», sagt Gründungsmitglied Stefan Flückiger (63) gegenüber Blick. Er ist der Präsident des Vereins und mit Herzblut dabei: Für seine neue Funktion hat er seine Stelle als Co-Geschäftsführer beim Schweizer Tierschutz aufgegeben.

Dafür hat der Verein eine Meldestelle für Bäuerinnen und Bauern ins Leben gerufen. «Wettbewerbsexperten werden sich die gemeldeten Fälle dann anschauen und entscheiden, ob diese vor die Wettbewerbskommission gezogen werden», erklärt Flückiger. Die Meldestelle ist schweizweit per Web und telefonisch erreichbar – und zwar kostenlos. Der Präsident geht von einer hohen Nachfrage aus. «So etwas hat bis jetzt gefehlt», sagt er.

Weko macht zu wenig

Eigentlich ist es die Aufgabe der Wettbewerbskommission (Weko), Missbräuche von marktbeherrschenden Unternehmen zu entdecken. «Sie wird aber nur bei ganz konkreten Fällen – und somit zu wenig – aktiv», sagt Flückiger. Das Problem: In der Schweizer Marktwirtschaft werde Fairness völlig unterschätzt. Die Märkte spielen also nicht so, wie sie sollten.

Der FMS will Preise erreichen, bei denen die Konsumentenpreise nicht zu hoch ausfallen, aber faire Produzentenpreise bezahlt werden. «In einer ersten Phase konzentrieren wir uns auf die Produzentenpreise, denn dort besteht grosser Handlungsbedarf», erklärt der Präsident. Zusammen mit staatlichen Subventionen soll ein angemessenes Einkommen möglich werden.

Aber ist das eigentlich nicht Aufgabe des Preisüberwachers? Stefan Meierhans (54) befasste sich in seinem letzten Bericht mit den Margen von Bio-Produkten. Und biss sich dabei die Zähne aus: Denn er kam zwar zum Schluss, dass die Margen auf Bio-Produkte zu hoch sind. Durchsetzen konnte er sich gegenüber Migros und Coop aber nicht. Meierhans berichtete auch von «spürbarem Widerstand gewisser Unternehmen». Offenbar wollte die Migros sogar die Publikation des Berichts verhindern. Das Unternehmen wies damals den Vorwurf überhöhter Margen zurück. Der FMS gehe das Thema nun breiter an, argumentiert Flückiger.

Auch ein Bauer sitzt im Vorstand

Mit Forschungsteams will der Verein zudem neue Erkenntnisse gewinnen sowie den Dialog in der Gesellschaft und Politik vorantreiben. Geplant sei beispielsweise auch ein Marktmacht-Monitoring. Über die Meldestelle will FMS ebenfalls neue Erkenntnisse sammeln. Der FMS will vor allem Transparenz schaffen, denn «gut funktionierender Wettbewerb ist heute eher die Ausnahme als die Regel».

Ein weiterer Gründer des Vereins ist Wirtschaftsprofessor Mathias Binswanger (59). Mit Werner Locher (70) sitzt auch ein ehemaliger Bauer im Vorstand. Locher setzt sich bereits für faire Milchpreise ein und hält verschiedene Ämter in landwirtschaftlichen Gremien.

Detailhändler kontern neuem Verein

Migros und Coop, die rund zwei Drittel des Schweizer Lebensmitteldetailhandels beherrschen, halten den Verein für unnötig. «Wir pflegen eine faire Partnerschaft mit der Landwirtschaft», sagt Migros-Sprecher Patrick Stöpper auf Anfrage. Mit Labelprodukten erziele der Detailhändler keine höheren Margen als mit konventionell hergestellten Artikeln. «Ein Gang auf den Wochenmarkt oder in einen Hofladen entkräftet auch den Vorwurf überhöhter Preise: Die dortigen Produkte sind nicht günstiger als im Supermarkt.»

Coop setze sich für faire und marktgerechte Preise ein, sowohl gegenüber den Produzenten als auch gegenüber der Kundschaft. «Unsere Produzenten haben jederzeit die Möglichkeit, mit uns in Kontakt zu treten», sagt Coop-Sprecher Caspar Frey zu Blick.


Fehler gefunden? Jetzt melden

Was sagst du dazu?

Externe Inhalte
Möchtest du diesen ergänzenden Inhalt (Tweet, Instagram etc.) sehen? Falls du damit einverstanden bist, dass Cookies gesetzt und dadurch Daten an externe Anbieter übermittelt werden, kannst du alle Cookies zulassen und externe Inhalte direkt anzeigen lassen.