Ja zum mehr Klimaschutz
Bauern fürchten Rache der SVP

Das Klimaschutz-Gesetz spaltet die Landwirte. Der Bauernverband hat die Ja-Parole gefasst und stellt sich damit gegen die SVP. Das bringt beide Seiten in Bedrängnis.
Publiziert: 24.04.2023 um 19:52 Uhr
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Aktualisiert: 25.04.2023 um 08:13 Uhr
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Martin Haab ist SVP-Nationalrat und Präsident des Zürcher Bauernverbands. Er setzt sich für ein Nein zum Klimaschutz-Gesetz ein.
Foto: Andrea Brunner
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Lea HartmannRedaktorin Politik

Auf die Bauern kann die SVP am 18. Juni nicht zählen. Der Bauernverband hat vergangene Woche die Ja-Parole zum Klimaschutz-Gesetz beschlossen. Wegen «der grossen Betroffenheit der Landwirtschaft vom Klimawandel» unterstützte man die Vorlage, teilte der Verband mit.

Für die grösste Partei des Landes ist das bitter. Die Bauern und die SVP, normalerweise sind sie ein Herz und eine Seele. Doch der Klimaschutz entzweit die sonst so Unzertrennlichen. Schon beim CO2-Gesetz vor zwei Jahren hatte sich der Bauernverband der SVP entgegengestellt und Annahme empfohlen. Nun schon wieder.

«Berufsstand ist total gespalten»

«Unser Berufsstand ist total gespalten», sagt Alois Huber (60). Der Aargauer ist Landwirt und SVP-Nationalrat – und weiss damit genau, wovon er spricht. Er selbst lehnt wie alle SVPler das Gesetz ab, räumt aber ein: «Wir Bauern spüren die Klimaerwärmung schon viel mehr als viele andere. Auch mir ist bewusst, dass wir anders mit unseren Ressourcen umgehen müssen.»

Darum gehts beim Klimagesetz

Mit der Unterschrift unter das Pariser Klimaabkommen hat sich die Schweiz verpflichtet, bis 2050 den Treibhausgas-Ausstoss auf null zu bringen. Nun soll dieses Ziel in einem Gesetz festgeschrieben werden. Das Klimaschutz-Gesetz ist ein indirekter Gegenvorschlag zur Gletscher-Initiative, die bis 2050 auch den kompletten Ausstieg aus den fossilen Energien forderte. Das Gesetz, das nun auf dem Tisch liegt, schreibt kein Verbot vor. Vielmehr soll der Ersatz von Öl- und Gasheizungen über die nächsten 10 Jahre mit insgesamt 2 Milliarden Franken gefördert werden. Für die Förderung innovativer Technologien zum Klimaschutz sind 1,2 Milliarden vorgesehen.

Mit der Unterschrift unter das Pariser Klimaabkommen hat sich die Schweiz verpflichtet, bis 2050 den Treibhausgas-Ausstoss auf null zu bringen. Nun soll dieses Ziel in einem Gesetz festgeschrieben werden. Das Klimaschutz-Gesetz ist ein indirekter Gegenvorschlag zur Gletscher-Initiative, die bis 2050 auch den kompletten Ausstieg aus den fossilen Energien forderte. Das Gesetz, das nun auf dem Tisch liegt, schreibt kein Verbot vor. Vielmehr soll der Ersatz von Öl- und Gasheizungen über die nächsten 10 Jahre mit insgesamt 2 Milliarden Franken gefördert werden. Für die Förderung innovativer Technologien zum Klimaschutz sind 1,2 Milliarden vorgesehen.

Mitverantwortlich dafür, dass die Bauern schliesslich auf die Ja-Parole schwenkten, ist seine Nationalrats-Kollegin Priska Wismer-Felder (52). Die Luzerner Mitte-Politikerin machte sich vor der Landwirtschaftskammer, dem Parlament des Bauernverbands, für das Klimaschutz-Gesetz stark. «Aus bäuerlicher Sicht kann man das Gesetz nicht ablehnen», findet sie.

Bauern halten sich aus Abstimmungskampf raus

Die Westschweizer Vertreter und die Frauen im Saal überzeugte sie. Sie haben den Ausschlag gegeben, dass der Bauernverband am Schluss die Ja-Parole beschloss – und nicht Stimmfreigabe. Aber auch Wismer-Felders Luzerner Sektion stimmte Ja – ein Kanton, der nicht gerade ein Hort der Progressiven ist.

Bauernverbands-Präsident Markus Ritter (56) wäre die Stimmfreigabe lieber gewesen. Wenn der oberste Landwirt eines nicht will, dann ist es eine gespaltene Bauernschaft. Er hat darum durchgesetzt, dass sich der Bauernverband aus dem Abstimmungskampf raushält. «Ein halbes Jahr vor den eidgenössischen Wahlen will ich nicht, dass wir Bauern uns gegenseitig zerfleischen», begründet er. Wismer-Felder bedauert das. «Das ist eine verpasste Chance», findet sie.

Angst vor der Retourkutsche

Ein Grund fürs Stillhalten ist auch die SVP. Die Sorge: Parteivertreter könnten sich bei den Bauern für die fehlende Unterstützung in diesem Abstimmungskampf rächen. Diese Angst sei nicht unbegründet, glaubt der SVP-Nationalrat Martin Haab (60), Präsident des Zürcher Bauernverbands, der die Nein-Parole beschlossen hat: «Es gibt viele, die so denken.»

Bald stimmt das Parlament über den Vorschlag des Bundesrats ab, aus Spargründen das Landwirtschafts-Budget zu kürzen. Im kommenden Jahr sollen die Landwirte zwei Prozent weniger Direktzahlungen erhalten – das wäre ein Minus von 75 Millionen. «Bisher stellte sich die SVP immer geschlossen hinter die Bauern. Angesichts des jüngsten Entscheids bin ich mir nicht mehr so sicher, ob das so bleibt», fürchtet Haab.

SVP, die Bauernfreunde?

Auch sein Aargauer Partei- und Berufskollege Alois Huber hält eine Retourkutsche für möglich. «Der eine oder andere wird sich vielleicht enthalten.» Das könnte den Bauern zum Verhängnis werden. Eine Befürchtung, die Markus Ritter allerdings nicht teilt.

Umgekehrt muss die SVP ohne den Support des mächtigen Bauernverbands nicht nur eine Abstimmungsniederlage befürchten, sondern auch um ihren Ruf als bauernnahe Partei. Auch wenn SVP-Präsident Marco Chiesa (48) betont, dass das nach wie vor sei: Die Klima-Frage zeigt, dass das nur bedingt stimmt.


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