Alte Kühe sind gut fürs Klima. 1270 Tonnen Methan erhofft sich der Bund jedes Jahr einsparen zu können, wenn die Bauern ihre Kühe einige Jahre später als heute üblich zum Schlachthof bringen. Denn ältere Tiere stossen beim Rülpsen geringere Mengen des sehr klimaschädlichen Treibhausgases aus als junge. Langfristig, schätzt der Bund, könnte die Landwirtschaft ihre Treibhausgas-Emissionen damit bestenfalls sogar um bis zu sechs Prozent reduzieren.
Damit sich die alten Kühe für die Landwirtinnen und Landwirte lohnen, gibts für sie neu spezielle Subventionen. Maximal 200 Franken pro Jahr und Kuh wollte der Bund ab nächstem Jahr zahlen.
Nur noch die Hälfte
Das hiess es, als das Bundesamt für Landwirtschaft (BLW) die Massnahme vor einem Jahr vorstellte. Sie ist Teil eines Pakets, das das Parlament als eine Art inoffiziellen Gegenvorschlag zu den Pestizid-Initiativen geschnürt hatte. Um Befürwortern eines Pestizid-Verbots so den Wind aus den Segeln zu nehmen.
Doch nun will der Bund den eben erst beschlossenen Betrag für den Klimaschutz schon wieder zusammenstreichen. Noch bevor er überhaupt eingeführt ist. Statt 200 soll es jetzt nur höchstens 100 Franken pro alte Kuh geben. Und das, obwohl der Bund sich bewusst ist, dass es eigentlich mehr Anstrengungen, nicht weniger braucht, um die gesetzten Klimaziele zu erreichen.
«Hüst und Hott»
Bei Bauernverband und Branchenorganisationen stösst das Vorgehen des Bundes auf Unverständnis. «Den Beitrag vor dessen Einführung bereits zu kürzen, ist unglaubwürdig», kritisieren die Verbände. Bauernverbands-Präsident Markus Ritter (56), Nationalrat der Mitte, spricht von einem «Hüst und Hott» des Bundes und klagt: «Als Bauer kann man sich auf nichts mehr verlassen.» Auch Grünen-Nationalrat und Landwirt Kilian Baumann (42) kann das Vorhaben nicht nachvollziehen.
In den Kantonen schüttelt man ebenfalls den Kopf. Als «nicht erklärbar» und «nicht glaubwürdig» kritisieren diverse Stimmen die geplante Kürzung.
Sparen beim Tierwohl
Es ist nicht die einzige Änderung, die der Bund plant und die bei Betroffenen und Kantonen auf Gegenwehr stösst. Die wohl umstrittenste Massnahme ist die Kürzung von Tierwohl-Beiträgen. Knapp die Hälfte der Bauernhöfe in der Schweiz bezieht heute Subventionen für eine «besonders tierfreundliche Stallhaltung» (BTS). Das Tierwohlprogramm schreibt beispielsweise vor, dass es im Stall zwei separate Bereiche fürs Fressen und fürs Liegen gibt. Und der Boden im Liegebereich darf nicht kahler Beton sein.
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Auch hier will der Bund aus Spargründen den Rotstift ansetzen. Um bis 20 Prozent sollen die Beiträge gekürzt werden. Für Bauernpräsident Markus Ritter sind die Pläne «eine grosse Überraschung» – eine böse Überraschung. Der Bauernverband wirft dem Bund vor, ein völlig falsches Signal zu senden. Die BTS-Beiträge seien für die Bauern ein wichtiger Anreiz, ins Tierwohl zu investieren. Die geplante Kürzung laufe «entgegen den Erwartungen der Gesellschaft, die erst kürzlich die Massentierhaltungs-Initiative im Vertrauen auf die aktuelle Politik abgelehnt hat». Das kritisieren auch zahlreiche Kantone.
33-Millionen-Sparübung
Insgesamt will der Bund mit den Kürzungen bei den Beiträgen für alte Kühe und tierfreundliche Ställe 33 Millionen Franken sparen. Der Grund für die Sparübung ist, dass die Politik zahlreiche neue Subventionen erfunden hat, für die man das Geld von irgendwoher zusammenkratzen muss.
Laut dem Bundesamt für Landwirtschaft fliesst insgesamt nicht weniger Geld in Massnahmen fürs Tierwohl, sondern sogar etwas mehr. Bio-Landwirt Ritter glaubt das nicht. Für ihn steht fest: Insgesamt wolle der Bund beim Tierwohl sparen. Zwar gibt es für Bauern neu Geld, wenn ihre Rinder vor allem Gras von der Weide fressen. Das allerdings wiege die Kürzungen realistischerweise für viele Landwirte nicht auf, ist er überzeugt.
Kein Anreiz für mehr Tiere
Das BLW rechtfertigt die Kürzung bei den Stall-Beiträgen damit, dass diese heute sehr hoch seien und Bauern auch auf Investitionshilfen zurückgreifen könnten, um den Stall umzubauen. Zudem verweist es aufs Argument, dass die Tierwohl-Gelder einen Anreiz schafften, mehr Tiere zu halten. Das will der Bund nicht. Was viele Bauern natürlich nicht gern hören.