Auf einen Blick
- Die USA verhängen Strafzölle gegen Kanada und Mexiko, diese reagieren
- Handelskrieg betrifft Drogenschmuggel, Einwanderung und wirtschaftliche Unabhängigkeit
- Autopreise könnten um 4000 bis 12’000 Dollar steigen
Auge um Auge, Zahn um Zahn. Oder im Fall von Kanada: «Dollar für Dollar!» Das ist die Antwort des kanadischen Premierministers Justin Trudeau (53) auf die heute Dienstag um 00.01 Uhr Ortszeit in Kraft getretenen US-Strafzölle. Denn Donald Trump (78) hat seine Drohung wahr gemacht und Zölle auf Waren aus Kanada und Mexiko in der Höhe von 25 Prozent eingeführt. Damit hat der US-Präsident den grössten Handelskrieg der Geschichte – den er 2018 in seiner ersten Amtszeit gegen China angezettelt hatte – noch grösser gemacht.
Sowohl bei Kanada als auch bei Mexiko verfolgt Trump innenpolitische und wirtschaftliche Ziele. Der Republikaner versucht nach eigenen Aussagen, mit den Strafzöllen Druck auszuüben, damit die Länder strenger gegen den Drogenschmuggel an der Grenze vorgehen. Insbesondere die Droge Fentanyl hat Trump im Visier. Im Falle von Mexiko fordert er auch härtere Grenzkontrollen, um die illegale Einwanderung in die USA einzudämmen. Wirtschaftlich will Trump die USA weniger abhängig von kanadischen Rohstoffen machen und die eigene Produktion von Energie und Stahl stärken.
«Wenn sie versuchen wollen, Ontario zu vernichten, werde ich alles tun, auch ihnen den Strom abdrehen – mit einem Lächeln im Gesicht», sagte ein sichtlich genervter Doug Ford (60), Premierminister der kanadischen Provinz Ontario, gegenüber CBC. Er erinnerte im Interview daran, dass Ontario ein wichtiger Stromexporteur nach New York, Michigan und Minnesota sei. «Sie müssen den Schmerz spüren. Sie wollen uns hart rannehmen? Dann müssen wir doppelt so hart zurückschlagen.» Reagiert hat Kanada bereits – und ebenfalls Strafzölle in der Höhe von 25 Prozent auf US-Waren eingeführt.
Autos und Lebensmittel teurer
Die Folgen des Handelskrieges dürften die Amis sowieso selber spüren – und zwar ziemlich direkt dort, wo es am meisten wehtut: beim eigenen Portemonnaie. So zum Beispiel, wenn sie sich ein neues Auto kaufen. Denn die Preise für Neuwagen werden als Folge des Handelskrieges stark ansteigen, und zwar um 4000 Dollar für einen kleinen Benziner. Ein dicker SUV mit vielen Teilen von Zulieferern aus Mexiko soll 9000 Dollar teurer werden. Ein Stromer gar um bis zu 12’000 Dollar, wie eine Studie des Beratungsunternehmens Anderson Economic zeigt. Damit rächt sich nun, dass US-Autobauer in den letzten Jahren grosse Teile ihrer Produktion nach Mexiko verlagert haben, um dank tieferer Löhne die Kosten zu senken.
Auch im Supermarkt wird der Einkauf teurer – und zwar auf breiter Front. Ein Grossteil von Obst und Gemüse in US-Läden kommt aus Mexiko. Avocado, Tomaten und Gurken werden teurer. Ebenso werden die Preise für Fleisch und Getreide steigen, die meisten US-Importe kommen nämlich aus Kanada. Weil die Margen im hart umkämpften Lebensmittelmarkt der USA schon jetzt nur klein sind, werden die grossen Player die Strafzölle 1:1 an die Konsumentinnen und Konsumenten weitergeben. Die Avocado aus Mexiko wird beim Branchenprimus Walmart nicht mehr 0,98 Dollar kosten – sondern 1,20 Dollar. Auch die Preise für Corona-Bier oder Tequila dürften gemäss einer Analyse von Wells Fargo um 4,5 Prozent steigen.
China reagiert heftig auf neue Eskalation
Gleichzeitig mit dem Beginn des nordamerikanischen Handelsstreits hat Trump in der Nacht auf Dienstag auch gegen China nachgelegt. Per Dekret ordnete er an, die im Februar beschlossenen Importzölle auf Waren aus China auf 20 Prozent zu verdoppeln. Die Begründung? Auch hier bringt Trump wieder Fentanyl ins Spiel. Dieses werde in China hergestellt und weiterhin in die USA geschmuggelt. Es dürfte ihm aber auch darum gehen, die chinesische Exportwirtschaft empfindlich zu schwächen.
Die Reaktion in Peking auf den neusten Zollhammer fällt heftig aus. Wenn die Vereinigten Staaten einen Zollkrieg, einen Handelskrieg oder einen anderen Krieg führen wollten, werde China dies bis zum Ende mitgehen, sagte Aussenamtssprecher Lin Jian (48) vielsagend. Und gab bekannt: China werde neue Strafzölle in der Höhe von 15 Prozent auf Hühnerfleisch, Weizen, Mais und Baumwolle aus den USA erheben. Auf andere landwirtschaftliche Produkte will Peking ab 10. März einen Zusatzzoll von 10 Prozent einführen.
Die Folgen für die Weltwirtschaft sind noch nicht vollends abzusehen. Ein Indikator sind die Börsen, die am Montag in den USA und am Dienstag in Asien deutlich verloren. Auch die grossen Kryptowährungen gaben stark nach – und fielen um 9 bis 16 Prozent.