Jetzt spricht der Bühnenstürmer der Bündner Hoteliers
«Viele junge Mitarbeitende leisten sehr gute Arbeit»

Jamie Rizzi stürmte die Bühne an der Delegiertenversammlung des Bündner Hotelierverbands. Er ist mit der Kritik des Präsidenten an der «verweichlichten» jungen Generation überhaupt nicht einverstanden, wie er im Interview mit Blick sagt.
Publiziert: 05.02.2024 um 17:56 Uhr
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Aktualisiert: 06.02.2024 um 05:33 Uhr
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Jamie Rizzi ist stellvertretender Gastgeber im Hotel Schweizerhof in Lenzerheide GR.
Foto: Marco Hartmann
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Martin SchmidtRedaktor Wirtschaft

Da haben sie sich die grosse Bühne ausgewählt: Junge Touristiker stürmen an der Delegiertenversammlung des Bündner Hotelierverbands die Bühne und boten Verbandspräsident Ernst «Aschi» Wyrsch (62) vor 180 Gästen die Stirn. Wyrsch war zuvor mit der jungen Generation im Gastgewerbe hart ins Gericht gegangen und bezeichnete diese in einem Zeitungsinterview als «verweichlicht». 

Einer der Bühnenstürmer ist Jamie Rizzi (29). Er ist stellvertretender Gastgeber im Hotel «Schweizerhof» in Lenzerheide GR und Mitglied im Netzwerk der jungen Bündner Touristiker. Im Blick-Interview nennt er seine Gründe. 

Blick: Was hat euch dazu bewegt, an der Delegiertenversammlung die Bühne in Beschlag zu nehmen?
Jamie Rizzi: Wir teilen Wyrschs Kritik überhaupt nicht. Sie ist aus unserer Sicht viel zu pauschal gefasst und deckt sich nicht mit dem, was wir vom Netz der jungen Bündner Touristiker alltäglich bei unserer Arbeit erleben. In den Betrieben gibt es viele engagierte junge Mitarbeitende, die ihrer Passion mit viel Leidenschaft nachgehen und sehr gute Arbeit leisten. Es war uns wichtig, das zu sagen.

Sie arbeiten im Hotel Schweizerhof in Lenzerheide. Ihr Chef ist der ehemalige Hotelleriesuisse-Präsident Andreas Züllig. War er in die Pläne eingeweiht?
Nein. Herr Züllig ist seit Ende des letzten Jahres nicht mehr Präsident und war nicht involviert. Wir haben im Next Generation Board der jungen Touristiker entschieden, dass wir als direkt angesprochene Generation auf das Interview reagieren wollen. 

Wyrsch zählt mit seinen 62 Jahren zur alten Garde. Fehlt ihm das Verständnis für die junge Generation?
Wir wollen keinen Generationenkonflikt heraufbeschwören. Es war schon immer so, dass die ältere Generation die Jüngeren kritisch sieht. Doch viele der Themen beschäftigen genauso ältere wie auch jüngere Mitarbeitende in der Branche. Wir leben heute in einer ganz anderen Welt, in der sich die Bedürfnisse der Menschen verändert haben. Sie sind so gut informiert wie noch nie und bestehen auf ihre eigene Meinung.

Welche Themen beschäftigen die Angestellten?
Das ist eine bessere Vereinbarkeit von Beruf und Freizeit. Auch die Nachhaltigkeit wird für viele Mitarbeitende immer wichtiger. Gerade jüngere Leute haben öfters auch das Bedürfnis nach einer sinnstiftenden Arbeit. Genau das kann die Hotellerie bieten. In unserem Beruf kann man den Menschen etwas Gutes tun und erhält dafür Wertschätzung.

Jede zehnte Stelle war zum Winterbeginn unbesetzt. Machen die Betriebe zu wenig, damit sie als attraktive Arbeitgeber wahrgenommen werden?
Es gibt natürlich Unterschiede zwischen den einzelnen Betrieben, so wie man dies ebenso in anderen Branchen sieht. Es funktionieren aber auch nicht für jedes Hotel die gleichen Massnahmen. Wichtig ist, dass die Betriebe den gesellschaftlichen Wandel als Chance wahrnehmen und diese Herausforderung auf konstruktive Weise angehen. Unter anderem, indem man auf die Bedürfnisse der Jungen eingeht. 

Wie konkret kann die Branche wieder attraktiver werden?
Es wird heute bereits viel in diese Richtung unternommen. Die Branche ist eigentlich prädestiniert dafür, dass Beruf und Familie gut vereinbar sind. Betriebe können beispielsweise einer jungen Mutter anbieten, nur am Vormittag oder am Abend zu arbeiten. Bei den Arbeitszeiten ist für einige Betriebe die 4-Tage-Woche eine Möglichkeit, andere schaffen die Zimmerstunde ab. Wichtig ist, dass man die Mitarbeitenden einbezieht und so passende Modelle findet. 

Die eher tiefen Löhne im Gastgewerbe dürften auch keine Hilfe sein …
Die Löhne müssen natürlich fair sein. Aber wie eine Studie der Fachhochschule Graubünden gezeigt hat, stehen der finanzielle Anreiz und die Arbeitszeiten bei den Mitarbeitenden nicht zuoberst auf der Wunschliste. Wichtiger sind Soft-Faktoren wie die Betriebskultur. Für junge Menschen bietet das Gastgewerbe zudem die Chance, früh Führungsrollen übernehmen zu können. 

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