Der Fachkräftemangel ist für die Hotellerie ein Problem. Gründe für diesen Mangel gibt es in der demografischen Entwicklung. Aber auch in der fehlenden Arbeitsmotivation des Branchennachwuchses, ist Ernst «Aschi» Wyrsch (62) überzeugt.
Wyrsch ist seit über zehn Jahren Präsident des Branchenverbandes Hotelleriesuisse Graubünden, im Vorstand von Graubünden Tourismus, Dozent, Buchautor und Führungstrainer. Sein Wort hat Gewicht. Und in einem Interview mit der «Südostschweiz» hält er fest, dass die Jugend «verweichlicht» sei, was vor allem an falscher Erziehung liege – «Lehrer und Arbeitgeber sehen das ähnlich», hält er fest.
Eigentlich wäre die Lage an den Feiertagen nicht dramatisch. In der Bündner Hotellerie sind aktuell rund fünf Prozent der Stellen unbesetzt. Doch Wyrsch ortet hohe Fluktuationen, weil viele Arbeitnehmer teils schon nach wenigen Tagen den Bettel hinwerfen.
«Man gibt zu schnell auf, ist rasch genervt, empfindlich und kränklich», so Wyrsch. Das sei nicht nur in Hotellerie und Tourismus so, sondern in sämtlichen Branchen. Die Jungen müssten wieder lernen, Konflikte auszuhalten und gegen Widerstände anzukämpfen. Gleichzeitig müssten Hoteliers oder sämtliche KMU-Chefs wieder mehr Zeit ins Thema Führung investieren.
Hohe Krankenstände – falsches Rezept?
Wyrsch klagt über «sehr hohe Krankenstände». Die angebliche Verweichlichung beschreibt er so: «Wer sich heute einen Schnupfen mit leichten Symptomen einfängt und sich nicht topfit fühlt, bleibt sofort drei Tage daheim, anstatt sich durchzukämpfen.»
Hierzu gibt es allerdings klare Regeln. Und ob das kranke Erscheinen am Arbeitsplatz wirklich von Vorteil für den Arbeitgeber ist, darf bezweifelt werden.
Erholung ist nämlich wichtig. Das bestätigt Wyrsch im selben Interview: «Der Rhythmus der Welt ist vielen zu schnell geworden, und das führt zu einer permanenten gefühlten geistigen Überforderung.» Das betrifft aber längst nicht nur Jugendliche. Es führe auch teils zu schlechten Führungsentscheiden.
Woraus Wyrsch ableitet, dass man sich als Hotelier aufs Wesentliche konzentrieren soll, statt allen gefallen zu wollen. Dazu sei es okay, mal offline zu sein, und «Ich-Zeit» zu nehmen. Sonst drohe ein Herzinfarkt oder Burn-Out.
Das mag stimmen – aber ist denn ein «sich jedem Druck beugen» der bessere Weg zur Prävention? «Viele der jungen Leute, die sich einfach nicht dem Druck, den Angsthierarchien und der Selbstverleugnung unterwerfen wollen, die ihre Eltern kaputtgemacht haben, haben schlicht recht», analysierte jüngst Psychologe Christian Stöcker (50) in einem Betrag des Nachrichtenmagazins «Spiegel».
Statt pauschale Aussagen über ganze Altersgruppen zu bemühen, sollte man akzeptieren, dass heute Sinnsuche oft über Lohngedanken stehe.