Das Leben in der Schweiz ist teurer geworden – und die Post trägt zu weiteren Preissteigerungen bei: Per 1. Januar 2024 erhöht der Staatsbetrieb die Preise für A- und B-Post-Briefe um je 10 Rappen, Priority- und Economy-Pakete kosten künftig 1.50 Franken mehr.
Die Post begründet die Aufschläge mit dem Rückgang der Briefmengen sowie mit Mehrkosten bei Energie, Transport, Material und Löhnen. Zudem betonte das Unternehmen Anfang Juli in einer Mitteilung, die Preiserhöhungen seien «im Einvernehmen mit dem Preisüberwacher» zustande gekommen.
Das stimmt aber nur zum Teil, wie sich jetzt zeigt. So dokumentieren interne Notizen, E-Mails und Briefe, die SonntagsBlick gestützt auf das Öffentlichkeitsgesetz einsehen konnte, dass sich das Büro des Preisüberwachers und die Verantwortlichen bei der Post im Vorfeld der Ankündigung im Juli einen heftigen Schlagabtausch geliefert hatten.
Zu einem ersten Vier-Augen-Gespräch waren Preisüberwacher Stefan Meierhans (55) und Roberto Cirillo (51) am 1. Februar zusammengekommen. Dabei erklärte der Postchef die «schwierige Situation» seines Konzerns und kündigte eine «Realpreiserhöhung» an. Meierhans nahm die Ausführungen «zur Kenntnis», machte aber klar, dass er «in vielen Punkten anderer Meinung» sei.
Gespräche seien «äusserst schwierig»
Mitte Februar übermittelte die Post die geplanten Preismassnahmen im Detail – und sorgte damit für grossen Ärger bei «Monsieur Prix». Meierhans formulierte eine offizielle «Nicht-Unbedenklichkeitserklärung», der er am 8. März einen bösen Brief an die Post folgen liess, in dem er sich «irritiert» zeigte.
Der Preisüberwacher echauffierte sich vor allem darüber, dass seine «frühzeitig bekannt gegebenen roten Linien» mit den Preisvorschlägen der Post «deutlich überschritten» worden seien. Gespräche seien deshalb «äusserst schwierig».
Als «rote Linie» hatte Meierhans vor allem die Forderung bezeichnet, dass die Massnahmen der Post gewinnneutral sein müssten – und dass auf «Preismassnahmen bei A- und B-Post sowie bei den Paketpreisen» verzichtet werden müsse.
In den folgenden Wochen griffen Mitarbeitende des Preisüberwachers den gelben Riesen frontal an – und betonten etwa, «Angaben oder Zahlen der Post» zur Begründung der Preiserhöhungen würden nicht automatisch «als korrekt anerkannt». Sie bezichtigten die Post zudem, 2022 mit Briefen und Paketen einen «Übergewinn» erzielt zu haben.
Noch am 22. Mai waren die Fronten so verhärtet, dass Meierhans-Mitarbeiter verlangten, die Post solle für die Mehrkosten 2023 endlich «plausible (!) Annahmen» und «Konsistenz bei den Angaben» liefern. Bald darauf folgten weitere Treffen zwischen Fachexperten, bis sich Cirillo und Meierhans am 6. Juni 2023 erneut an einen Tisch setzten.
Meierhans redet Kehrtwende klein
Dabei einigten sie sich darauf, dass A- und B-Post-Briefe sowie Pakete teurer werden. Überraschend: Von den «roten Linien», vor deren Überschreitung der Preisüberwacher noch drei Monate zuvor empört gewarnt hatte, war plötzlich keine Rede mehr.
Auf Anfrage von SonntagsBlick redet Meierhans diese Kehrtwende klein: Es sei normal, dass zu Beginn von Verhandlungen noch nicht sämtliche Fakten bekannt sind. «So können manchmal auch verzerrte Vorstellungen über rote Linien zustande kommen – das war hier der Fall.»
Laut Meierhans hat die Post letztlich nachvollziehbar aufgezeigt, dass die höheren Betriebskosten sowie der Rückgang im Brief- und Paketgeschäft stärker ins Gewicht fallen als Anfang 2023 gedacht. «Aus diesem Grund mussten wir von unseren ‹roten Linien› abrücken.» Die Halbjahres-Ergebnisse der Post, die diese Woche veröffentlicht wurden, bestätigen Meierhans’ Darstellung: Im Vergleich zum Vorjahr hat sich der Konzerngewinn mehr als halbiert.
Der Preisüberwacher betont aber, dass seine Intervention dennoch erfolgreich gewesen sei. So habe man die Konsumentinnen und Konsumenten etwa in den Bereichen Brief- und Paketpost sowie Verzollung vor zusätzlichen Preiserhöhungen bewahren können.
Damit sparten sie jährlich rund 70 Millionen Franken.