Das hat die Ökonomen überrascht: Die Teuerung in der Schweiz ist im September erstmals seit zwei Jahren wieder gesunken, von 3,5 auf 3,3 Prozent. Das, während sie im Euro-Raum um 0,9 Prozentpunkte auf 10 Prozent gestiegen ist.
«Wenn der Ukraine-Krieg bei den Rohstoffpreisen nicht noch mal einen Schock auslöst, ist das die Trendwende bei der Teuerung», sagt Raiffeisen-Chefökonom Martin Neff (61) zu Blick. Der Rückgang der Teuerung ist fast ausschliesslich auf die gesunkenen Preisen für Treibstoffe und Heizöl zurückzuführen. Gemäss Neff dürfte damit auch der Preisdruck bei anderen Gütern nachlassen.
Löhne und Strompreise als Treiber
Yngve Abrahamsen (64), Experte bei der Konjunkturforschungsstelle (KOF) der ETH Zürich, sieht eine solche Prognose als verfrüht: «Der Rückgang der Inflation wird noch dauern.» Der Lohnherbst könnte, je nach Ausmass der Lohnerhöhungen, die Teuerung wieder nach oben treiben. Abrahamsen bereitet noch ein weiterer Punkt Sorgen. «Die Strompreise werden ab Januar durchschnittlich um knapp 30 Prozent steigen und die Inflation um 0,5 Prozentpunkte erhöhen.»
Dass die Teuerung nur in der Schweiz nachlässt, nicht aber im Euro-Raum, liegt am starken Schweizer Franken. Er schützt Schweizer Wirtschaft und Konsumenten. Dank der letzten Franken-Aufwertung im September können die Schweizer Importeure im Euro-Raum nochmals günstiger als im Vormonat einkaufen.
Konsumentenschützerin fordert Preissenkungen
Trotz des jüngsten Rückgangs bei der Inflation: Bei den Konsumgütern purzeln die Preise derzeit noch nicht. Sara Stalder (55), Geschäftsleiterin der Stiftung für Konsumentenschutz, sieht die Firmen in der Pflicht: «Die Teuerung ist für einkommensschwache Haushalte ein Problem. Viele sind am Limit. Damit sie entlastet werden, müssen die Unternehmen, wo immer möglich, die Preise wieder senken.»
Viele Unternehmen hätten die Gunst der Stunde genutzt und ihre Preise sofort erhöht, auch wenn sie beispielsweise noch Produkte an Lager gehabt hätten, ist Stalder überzeugt. «Ich befürchte, dass manche Preise ungerechtfertigt erhöht worden sind und die Firmen bei Preissenkungen zögerlicher sein werden.»