Die Schweiz ist eine Inflationsinsel: Von 2,9 auf 2,6 Prozent ist die Teuerung im April zurückgegangen. Der Rückgang fiel stärker aus als Marktbeobachter im Vorfeld prognostiziert hatten. In den Bereichen Lebensmittel, Energie und Treibstoffe fielen die Preissteigerungen kleiner aus als zuvor. Restaurants und Hotels sowie Freizeit- und Kulturangebote verteuerten sich hingegen stärker als zuvor.
Zum Vergleich: In der Eurozone beträgt die Inflation derzeit 7 Prozent. In den USA 5 Prozent. Kein Wunder, haben sowohl der US-Notenbankchef Jerome Powell (70) als auch die oberste europäische Währungshüterin Christine Lagarde (67) die Leitzinsen diese Woche erhöht.
«Für Entwarnung ist es noch zu früh»
In der Schweiz steht der nächste Zinsentscheid durch die Schweizerische Nationalbank (SNB) unter Thomas Jordan (60) erst im Juni an. Erklärtes Ziel der Nationalbank ist es, die Inflation auf 2 Prozent – oder darunter – zu drücken. Davon ist die aktuelle Rate gar nicht mehr so weit entfernt. Wird der nächste Zinsschritt durch Thomas Jordan also obsolet, kann er als erster Notenbanker auf die Bremse stehen?
Tatsächlich sei die Inflation «erfreulich niedrig», lässt sich Chefökonom Karsten Junius von der Bank J. Safra Sarasin zitieren. Der deutliche Rückgang dürfte auch die SNB positiv überrascht haben.
Trotzdem: «Für eine Entwarnung ist es noch zu früh», bilanziert Björn Eberhardt, Analyst bei der Luzerner Kantonalbank. «Der Preisausblick ist weiterhin von Unsicherheiten geprägt.» So dürfte etwa der hypothekarische Referenzzinssatz schon am 1. Juni anziehen. Sobald es so weit ist, werden Vermieter im ganzen Land den Anstieg an ihre Mieter weitergeben. Das wird die Inflation im Bereich der Mietpreise in der zweiten Jahreshälfte wohl deutlich befeuern.
Zinspause in den USA – aber nicht in der Schweiz
Eberhardt rechnet damit, dass Jordan den Leitzins im Juni auf 1,75 Prozent erhöht. Im Herbst könnte der Leitzins auch in der Schweiz dann gar über 2 Prozent steigen, prognostiziert etwa Analyst Maxime Botteron von der Credit Suisse.
Damit könnte die SNB den Leitzins weiter erhöhen, während US-Notenbanker Jerome Powell ab dem Sommer auf die Bremse stehen dürfte. Aufgrund des Bankenbebens in den USA muss er bei weiteren Zinsschritten besonders behutsam vorgehen.
Doch auch wenn Jordan weitermacht, während Powell stoppt: Die Leitzinsen in der Schweiz sind von jenen in den USA meilenweit entfernt. Und dabei wird es wohl auch bleiben.