Auf einen Blick
James Blunt ist derzeit einer der berühmtesten Einwohner von Verbier. Der fünfzigjährige britische Singer-Songwriter hat die 3000-Seelen-Gemeinde im Val de Bagnes, gut zehn Kilometer östlich von Martigny gelegen, vor einigen Jahren zu seinem Lebensmittelpunkt erkoren. Seine Kinder gehen hier zur Schule, er selbst hat hier zeitweise ein eigenes Bergrestaurant betrieben. Zusammen mit der Familie zieht er regelmässig auf den 410 Kilometern Skipisten der «4 Vallées» seine Kurven und geniesst die atemberaubende Aussicht auf die Gipfel von Matterhorn, Grand Combin und Mont Blanc. An seiner Wahlheimat liebt der «You’re Beautiful»-Sänger aber nicht nur die Schönheit, sondern auch die Bodenständigkeit und Wärme der Bewohner und Bewohnerinnen.
Die Vorzüge von Verbier und des gesamten Wallis weiss nicht nur James Blunt zu schätzen. Seit einigen Jahren erfreut sich der Alpenkanton einer immer grösseren Beliebtheit in der gesamten High Society. Auf der Suche nach idyllischen und dennoch mondänen Rückzugsorten abseits des allzu grossen Rummels hat diese das Wallis für sich entdeckt. Im Gleichschritt mit der steigenden Popularität der Region klettern auch die Immobilienpreise kontinuierlich nach oben – insbesondere im Luxussegment.
«Verbier hat sich als aufstrebender Skiort etabliert, der ein vergleichsweise jüngeres, internationales Publikum anzieht», begründet Marieke Amacker-Moeijes, Geschäftsführerin von Engel & Völkers Valais, den anhaltenden Aufschwung der Luxusdestination. Das Nachtleben und die Après-Ski-Szene sei dynamisch und biete eine durchaus lockere Atmosphäre. Dank der erhöhten Lage auf 1500 Metern und den zahlreichen Beschneiungsanlagen gilt der Bergort auch in einem wärmeren Winter als schneesicher. Gleichzeitig besticht der Ort im Sommer durch ein breites Angebot an Freizeitaktivitäten. «Verbier ist zu einer erstklassigen Wahl für den ganzjährigen Aufenthalt geworden», erklärt Florent Ponsonnet, Geschäftsführer des Luxusimmobilienmaklers Mansion Properties. Ein weiteres Argument für den Boom in den Walliser Topdestinationen: die leichte Erreichbarkeit. Der kurze Anfahrtsweg über grössere Städte wie Genf und Zürich hat die Popularität der Bergregion sowohl bei Schweizer als auch bei internationalen Touristen gesteigert – und damit den Preisanstieg bei den Immobilien weiter angeheizt.
Verbier: Preissteigerung um 10 Prozent in einem Jahr
Besonders eindrücklich ist dieser in Verbier selbst ausgefallen. Allein im Jahr 2023 haben sich die Domizile auf der Hochebene gemäss dem «Alpine Property Focus 2024» der UBS um rund 10 Prozent verteuert. Eine Zweitwohnung im gehobenen Segment kostet dort laut der Marktstudie mindestens 21'500 Franken pro Quadratmeter. Inzwischen hat Verbier damit selbst die Luxusdestination Engadin/St. Moritz hinter sich gelassen, wo der Quadratmeterpreis gegenüber dem Vorjahr um 1 Prozent auf 21 200 Franken gesunken ist. Doch nicht nur in Verbier sind die Immobilienpreise in den vergangenen Jahren in die Höhe geschnellt. Auch viele andere Destinationen im Wallis erlebten einen regelrechten Boom. So rangieren mit Zermatt auf Platz 3 und Crans-Montana auf Rang 15 noch zwei weitere Ortschaften im Alpenkanton in den Top 15 der teuersten Destinationen, wobei diese Bergorte zusammen mit Verbier jenem High-End-Segment zugeordnet werden, bei denen die Quadratmeterpreise nach oben keine Grenzen kennen.
«Zu unserer Käuferschaft zählen in der Regel sehr vermögende Privatpersonen aus ganz Europa, Grossbritannien und den USA. Interessenten aus dem Nahen Osten und Asien ziehen derzeit eine Miete vor», weiss Florent Ponsonnet von Mansion Properties. Das verstärkte internationale Interesse an den Alpendestinationen erklärt er mit der einzigartigen Mischung aus Naturschönheiten und Freizeitangeboten, aber auch mit der Stabilität des Schweizer Frankens als sicherer Währung. «Viele unserer Kunden und Kundinnen werden darüber hinaus von der attraktiven Steuerpolitik der Schweiz angezogen», so der Immobilienexperte. Zu denken ist etwa an die Pauschalbesteuerung für ausländische Einwohner und Einwohnerinnen, die mit einem Zweitwohnsitz in der Schweiz ihre Steuerlast erheblich reduzieren können.
Relativ junge Käuferinnen und Käufer
Gleichzeitig sind auch die Einheimischen im Wallis auf den Immobiliengeschmack gekommen. Laut Marieke Amacker-Moeijes von Engel & Völkers Valais stammen die Interessentinnen bei ihr mit einem Anteil von 60 Prozent grösstenteils aus der Westschweiz, während 30 Prozent Deutschschweizer sind. «Jeder zehnte Käufer kommt aus dem englischsprachigen Ausland und besitzt die dazu nötige Aufenthaltsbewilligung», erklärt die Immobilienexpertin. Sie stützt sich dabei auf entsprechende Erhebungen auf dem Immobilienmarkt in Zermatt, wo nur Personen eine Immobilie kaufen können, die einen Schweizer Pass oder eine Aufenthaltsbewilligung B oder C besitzen. Und Amacker hat eine weitere Eigenheit festgestellt: «Wir registrieren, dass das Alter der Käufer und Käuferinnen im Durchschnitt bei 35 bis 45 Jahren liegt – somit werden die Käuferinnen und Käufer in Zermatt in der Tendenz jünger.» Einen merklichen Schub hat das Wallis denn auch mit der Corona-Krise erfahren. «Der Wunsch, sich näher an der Natur und in einer idyllischen Umgebung aufzuhalten und gleichzeitig Zugang zu einer leistungsfähigen und modernen Infrastruktur zu haben, hat viele neue Bewohner und Bewohnerinnen angezogen», heisst es seitens der Walliser Kantonalbank. Dank den technologischen Entwicklungen würden die Leute vermehrt aus der Ferne arbeiten und gleichzeitig die hohe Lebensqualität vor Ort geniessen.
Neben der gesteigerten Attraktivität des Alpenkantons hat das begrenzte Angebot das Preiswachstum beschleunigt. Zumindest für internationale Interessenten spielt hier die sogenannte Lex Koller eine wichtige Rolle, die den Kauf von Wohneigentum in den begehrten Destinationen der Schweiz zusätzlich erschwert. Noch restriktiver sind die Regeln in Zermatt, mit denen man den lokalen Markt vor Spekulation zu schützen versucht.
«Die Nachfrage übersteigt das limitierte Angebot bei weitem und geht in Zermatt vor allem von nationalen Käuferinnen aus», so Amacker-Moeijes. Hinzu kommt ein weiterer Punkt: Da am Fusse des Matterhorns ein Grossteil der Immobilien als Hotel genutzt werde, sei das Angebot an Eigentumswohnungen und Chalets sehr rar. Zusammen mit weiteren Faktoren wie der Schneesicherheit, dem Postkartenpanorama mit dem Matterhorn sowie dem Unterhaltungsangebot auf und neben den Pisten ist dies ein wichtiges Argument dafür, dass die Preise auch in Zukunft stabil bleiben dürften. Ein Ende des Preiswachstums ist – trotz einer leichten Abkühlung in den vergangenen Monaten – in den beliebten Urlaubsorten laut der Walliser Kantonalbank derzeit nicht absehbar. Während sich die Immobilienpreise in den etablierten Luxusdestinationen wie Verbier, Zermatt und Crans-Montana bereits in luftigen Höhen befinden, gibt es im Wallis allerdings nach wie vor attraktive Destinationen, die den jüngsten Boom noch nicht mitgemacht haben und wo Wohnliegenschaften entsprechend günstiger zu haben sind. Zu denken ist beispielsweise an mehrere, durchaus bekannte Namen wie Leukerbad, Nendaz/Veysonnaz oder auch Saas-Fee. Dort liegen die durchschnittlichen Quadratmeterpreise laut dem «UBS Alpine Property Focus» bei 6400 Franken für Leukerbad, 7900 Franken für Nendaz und rund 10'000 Franken für Saas-Fee.
Bezahlbare Alternativen im Alpenkanton
«Die Nachfrage ist in den vergangenen Jahren auch in Saas-Fee deutlich gestiegen – allerdings nicht so stark wie in den Topdestinationen. Entsprechend sind hier nach wie vor sehr schöne Objekte zu interessanten Preisen zu finden», erklärt Reto Friedrich, Immobilienexperte von Remax Oberwallis/Saas-Fee. Alles in allem ist es im autofreien Bergdorf bisher relativ ruhig geblieben. «Während die Luxusdestinationen teurer und teurer werden, empfiehlt sich Saas-Fee als bezahlbare Alternative», erklärt der Immobilienspezialist und ergänzt: «Auch hier findet man alles, was das Herz begehrt: Schneesicherheit, interessante Pisten und gleichzeitig ein spannendes Kulinarik- und Nightlife-Angebot.» Der Ort habe in den vergangenen Jahren die richtigen Schritte eingeleitet und Investitionen getätigt, um einen weiteren Sprung nach vorne zu machen.
Angesichts der exorbitanten Immobilienpreise in den Topdestinationen gehen die Experten davon aus, dass sich in diesem Segment der Markt etwas abkühlen dürfte, während die günstigeren Ziele in den Fokus geraten. Insgesamt scheinen die Zukunftsaussichten für die Immobilienmärkte in allen Orten aber erfreulich – nicht nur wegen der erhöhten Schneesicherheit.
Dieser Artikel ist im Millionär, dem Magazin der «Handelszeitung», erschienen (Dezember 2024).