Auf einen Blick
- Schweizer geben 5,2 Milliarden Franken für Online-Einkäufe im Ausland aus
- Amazon, Galaxus, Zalando und Temu sind die grössten Online-Händler 2024
- Online-Einkaufstourismus wuchs in drei Jahren um 44 Prozent
5,2 Milliarden Franken. So viel Geld geben Schweizerinnen und Schweizer im Jahr 2024 für online getätigte Einkäufe im Ausland aus. Nur Migros und Coop erzielen in der Schweiz einen höheren Gesamtumsatz als diese 5,2 Milliarden Franken.
Der gesamte Onlineumsatz in der Schweiz beträgt im aktuellen Jahr derweil 18 Milliarden Franken. Davon fliessen also fast 30 Prozent ins Ausland. Betrachtet man nur die Top 10 der grössten Onlinehändler, fliessen sogar rund 60 Prozent ins Ausland.
Zu dieser aus Schweizer Sicht besorgniserregenden Feststellung kommt die neue Studie «Online-Einkaufstourismus Schweiz 2024» des Forschungszentrums für Handelsmanagement der Universität St. Gallen.
Onlinehandel legt massiv zu
Teuerung und Reallohnverlust verleiten viele Schweizerinnen und Schweizer dazu, im Ausland einzukaufen. Dabei können sie von niedrigeren Preisen und der Frankenstärke profitieren. Doch damit schaden sie dem Wirtschaftsstandort Schweiz.
Stark im Fokus lag bislang der physische Einkaufstourismus in Grenzgebieten, etwa in Konstanz, Singen oder Lörrach. Fast die Hälfte geben Schweizer dort für Lebensmittel aus, der Rest teilt sich mehrheitlich auf Einrichtungsgegenstände, Drogerieartikel, Bekleidung und Sportartikel auf.
Vieles davon – und noch viel mehr – kaufen wir vermehrt online. Der bequemere Online-Einkaufstourismus läuft dem stationären Einkaufstourismus langsam den Rang ab, mit einem Anteil von gut 40 Prozent des gesamten im Ausland ausgegebenen Geldes.
Laut der Studie stagniert der stationäre Einkaufstourismus bei rund 7,5 Milliarden Franken, mit niedrigen Abweichungen über die letzten Jahre. Demgegenüber hat der Onlineumsatz in der Schweiz in den vergangenen Jahren um 20 Prozent zugelegt. Überproportional zugelegt hat der Onlinehandel auf ausländischen Plattformen, innert drei Jahren um satte 44 Prozent.
Amazon, Galaxus, Zalando, Temu
Der Grund liegt auf der Hand: Die neuen, primär chinesischen Marktteilnehmer Temu und Shein haben massiv zugelegt. Der Marktanteil der Onlinehändler aus dem Ausland beträgt am gesamten Schweizer Onlinehandel inzwischen 31,6 Prozent. Noch vor drei Jahren lag dieser Wert bei 21,6 Prozent.
Den grössten Anteil am Onlinehandel haben 2024 Amazon, gefolgt von Galaxus, Zalando und Temu. Gemeinsam teilen sich die Top-10-Händler 51,6 Prozent der Nachfrage. Bemerkenswert: Mit Amazon, Zalando, Temu, Shein, AliExpress, Google und Facebook sind sieben ausländische Anbieter unter den Top 10 der Onlinehändler – wobei wegen gleicher Marktanteile 13 Händler in den Top 10 sind.
Was kaufen wir online im Ausland ein? Laut der Studie in erster Linie Bekleidung, Ferienreisen, Flugtickets und Geschenkartikel. Stark zugenommen haben Online-Auslandseinkäufe zudem in den Warengruppen Spielwaren, Schmuck und Lebensmittel.
Swiss Retail Federation relativiert die Zahlen
Dagmar Jenni (56), Chefin des Branchenverbands Swiss Retail Federation, mahnt zur Vorsicht bei den in der Studie angegebenen Zahlen: «Beispielsweise sind über den klassischen Detailhandel hinaus Onlinekäufe für Ferienreisen, Zug- und Flugtickets, Medikamente oder Bankdienstleistungen miteinbezogen – das effektive Ausmass des Online-Einkaufstourismus dürfte folglich tiefer sein.»
Sie räumt aber ein, dass die Studie eine klare Tendenz aufzeige, wonach sich die Wachstumsdynamik beim Online-Einkaufstourismus deutlich verstärkt hat. Da ausländische Plattformen am Ursprung des Wachstums sind, wiederholt sie ihre Forderung nach Fairplay: «Alle Anbieter auf dem schweizerischen Markt – auch ausländische Plattformen – müssten sich zwingend an dieselben Regeln halten, etwa bei Produktsicherheitsstandards oder Rabattierungsregeln.»
Die Schweizer kaufen ungeachtet dieser Forderung aber weiter munter ein. Laut der Studie beurteilen Schweizer Konsumierende die chinesischen Onlinehändler mehrheitlich positiv, nicht nur bei den Lieferzeiten, sondern auch bei der Produktqualität. «Wir gehen von steigenden Ausgaben auf chinesischen Marktplätzen aus», schliesst Studienautor.