Hotspots leiden unter den Massen
Experten kritisieren Schweiz Tourismus

Schweiz Tourismus hat den Auftrag, Gäste ins Land zu locken. Angesichts der anhaltenden Diskussion über «Overtourism» mehren sich jetzt aber Stimmen, die das Marketing im Ausland fragwürdig finden – insbesondere das für Hotspots des Fremdenverkehrs.
Publiziert: 19.05.2024 um 00:19 Uhr
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Aktualisiert: 19.05.2024 um 08:50 Uhr
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Roger Federer in einem Werbespot für Schweiz Tourismus. Im Hintergrund: das Matterhorn.
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Thomas SchlittlerWirtschaftsredaktor

Das Gesetz hält unmissverständlich fest: «Schweiz Tourismus (...) soll die Nachfrage für die Schweiz als Reise- und Tourismusland fördern.»

Dieser Maxime entsprechend gibt Schweiz Tourismus (ST) das meiste Geld für Standortpromotion aus, mehr als 50 Millionen Franken pro Jahr. Doch angesichts weltweit anwachsender Touristenströme streitet die Branche heftig darüber, ob dieser Auftrag noch zeitgemäss ist.

So meint beispielsweise Monika Bandi (41), Leiterin Forschungsstelle Tourismus an der Universität Bern: «Im Zeitalter der digitalen Kommunikation stellt sich die Frage, wie man diesen Auftrag und damit auch das Bundesgesetz anpassen sollte.»

Wie viel Federer braucht das Matterhorn?

Die Welttourismus-Organisation UNWTO sieht für die kommenden zehn Jahre fast eine Verdoppelung der internationalen Touristenankünfte voraus – was auch an der Schweiz nicht spurlos vorbeigehen dürfte.

Bandi fordert deshalb eine Diskussion darüber, ob die Schweiz überhaupt noch ein Tourismus-Marketing brauche. Und wenn ja, welches. «Standortpromotion ist für touristische Randgebiete wie den Jura oder das Safiental durchaus sinnvoll», sagt die Expertin. Dagegen stelle sich die Frage, ob auch touristische Perlen wie das Matterhorn weltweite Werbekampagnen benötigten.

Es ist ein Seitenhieb an die Verantwortlichen von ST, die in ihren Kampagnen nach wie vor Hotspots wie das Matterhorn in aller Welt anpreisen – zuletzt mithilfe von Roger Federer (42) und Robert De Niro (80).

Fernmärkte werden wichtiger

Jürg Stettler (59), Leiter des Instituts für Tourismus und Mobilität an der Hochschule Luzern (HSLU), fordert ebenfalls ein Umdenken: «Es ist absehbar, dass die Besucher aus den Fernmärkten in einigen Jahren mehr als 20 Prozent der hiesigen Gäste ausmachen. Vor diesem Hintergrund gilt es zu prüfen, wie ST in diesen Märkten zusätzliche Werbung machen soll.»

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Auch Stettler ist der Meinung, die Schweiz müsse darüber diskutieren, ob und wie sie weiterhin Geld in das Tourismus-Marketing investieren wolle. «Sinnvoll wären eine Lenkung und bessere zeitliche und räumliche Verteilung der Touristenströme», so der Experte.

Schweiz Tourismus möchte sich einer Anpassung des Auftrags nicht generell verschliessen. «Darüber kann man diskutieren», sagt Direktor Martin Nydegger (53) im Interview mit Blick. Er beteuert aber, dass die Nachfragesteuerung und die Lenkung der Touristenströme in der ST-Strategie schon heute ganz oben stehen.

Dass sich ST stärker in diese Richtung entwickelt, bestätigt auch der Luzerner Professor Stettler, merkt aber an, die Steuerung von Touristenströmen sei schwierig: «Social Media hält sich nicht an Tourismus-Konzepte», gibt er zu bedenken. Es sei deshalb kaum vorhersehbar, wo der nächste Selfie-Hotspot entsteht.

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