Horrortrip von Gran Canaria nach Basel
Smartlynx-Passagiere mussten auf Rollfeld in Nürnberg übernachten

Eine unfreiwillige Übernachtung auf dem Rollfeld von Nürnberg: Das erlebten Passagiere der lettischen Airline Smartlynx am letzten Wochenende. Es ist bei weitem nicht der erste Vorfall, bei dem der Ferienflieger negativ auffällt.
Publiziert: 29.09.2021 um 18:27 Uhr
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Aktualisiert: 29.09.2021 um 20:31 Uhr
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Smartlynx: Seit Juni am Start in Basel.
Foto: Smartlynx
Marc Iseli

Die lettische Airline Smartlynx sorgt erneut für Ärger am Flughafen Basel. Wieder kommt es zu massiven Verspätungen. Wieder müssen Passagiere eine ganze Nacht im Flieger ausharren. Wieder kommt es zu einer Entschuldigung der Airline.

Dieses Mal trifft es Passagiere auf einem Flug von Gran Canaria nach Basel. Der Flieger sollte die kanarische Insel am 24. September um 18.30 Uhr verlassen. Am Gate wartet die erste Überraschung: Das Flugzeug hat Verspätung.

«Zunächst hiess es, der Flieger sei nur Minuten verspätet», sagt Sandra F.* (29) zu Blick. «Dann waren es plötzlich 10 Minuten, dann 20 Minuten, schliesslich warteten wir 1½ Stunden beim Gate. Ohne Info.»

Schock über Zürich

Kaum im Flieger, geht das Warten weiter. Das Boarding ist komplett, die Leute sitzen auf ihren Plätzen, aber der Airbus bleibt wie angenagelt am Boden. Wieder gibt es keine Infos, dafür höllisch warme Temperaturen. «Der Pilot liess das Triebwerk nur einmal kurz an, um die Klimaanlage anzustellen», so Sandra F.

Schliesslich hebt der Flieger mit massiver Verspätung ab. Das Ziel, der Euro Airport Basel, kann nicht mehr rechtzeitig angesteuert werden. Aber darüber werden die Passagiere auch nicht informiert, wie Sandra F. sagt.

Die junge Frau merkt erst im Schweizer Luftraum, dass etwas faul sein muss. Sie blickt aus dem Fenster und sieht die Stadt Zürich. Das Licht sorgt für ein stimmungsvolles Bild am Seebecken. Fink macht ein schönes Foto, realisiert in dem Moment aber, dass sie auf einer unüblichen Flugroute ist.

Nacht auf dem Rollfeld

Wenige Minuten später die Gewissheit: Der Flieger geht nach Nürnberg! Nicht Basel. Auch nicht Zürich. München ist es auch nicht. Nürnberg. Über 440 Kilometer von Basel entfernt. Eine Fünf-Stunden-Fahrt auf der Autobahn.

Die Pannen-Serie bei Smartlynx

Mit dem Flug 6Y616 nach Rhodos (Griechenland) ist SmartLynx Airlines am 5. Juni 2021 um 6.10 Uhr in die Saison als neue Airline am Euro Airport abgehoben. Das schrieb der Flughafen Basel in einer Medienmitteilung Anfang Juni. Für die neue Basis in Basel habe sich Smartlynx für ein Flugzeug des Typs Airbus entschieden. Mit dem Personal für das neue Flugzeug schaffe die Airline bis zu zwanzig Arbeitsstellen, hiess es damals.

Mittlerweile ist die gute Stimmung verflogen. Die Airline fliegt Panne um Panne ein. Anfang Juli warteten Passagiere über elf (!) Stunden auf den Flug nach Rhodos. Wenige Tage später hatte ein Kreta-Flug fast zehn Stunden Verspätung. Im August folgte das nächste Chaos. Und das sind nur die Fälle, über die Blick berichtet hat.

Die Situation beunruhigt selbst den Flughafen und den Reiseveranstalter Tui, in dessen Auftrag Smartlynx in die Luft geht. Im Sommer kam es zu ersten Krisengesprächen – und zu klaren Worten. Tui stellte die Partnerschaft öffentlich in Frage.

Mit dem Flug 6Y616 nach Rhodos (Griechenland) ist SmartLynx Airlines am 5. Juni 2021 um 6.10 Uhr in die Saison als neue Airline am Euro Airport abgehoben. Das schrieb der Flughafen Basel in einer Medienmitteilung Anfang Juni. Für die neue Basis in Basel habe sich Smartlynx für ein Flugzeug des Typs Airbus entschieden. Mit dem Personal für das neue Flugzeug schaffe die Airline bis zu zwanzig Arbeitsstellen, hiess es damals.

Mittlerweile ist die gute Stimmung verflogen. Die Airline fliegt Panne um Panne ein. Anfang Juli warteten Passagiere über elf (!) Stunden auf den Flug nach Rhodos. Wenige Tage später hatte ein Kreta-Flug fast zehn Stunden Verspätung. Im August folgte das nächste Chaos. Und das sind nur die Fälle, über die Blick berichtet hat.

Die Situation beunruhigt selbst den Flughafen und den Reiseveranstalter Tui, in dessen Auftrag Smartlynx in die Luft geht. Im Sommer kam es zu ersten Krisengesprächen – und zu klaren Worten. Tui stellte die Partnerschaft öffentlich in Frage.

Am Flughafen Nürnberg, so heisst es, sollen die Passagiere in Busse verfrachtet und nach Basel chauffiert werden. Aber auch das kommt anders. Die Türen des Fliegers bleiben zu. Die Passagiere harren weitere drei Stunden im Flieger aus. Sie verbringen die Nacht auf dem Rollfeld in Nürnberg. «Ein einziger Albtraum», sagt Sandra F. «Ein Horrortrip.»

Wieder steigt die Temperatur an. Die Stimmung beginnt zu kippen. Die Lage wird ungemütlich, die Leute langsam stinksauer. «Niemand ausser der Besatzung, die ausgewechselt wurde, durfte das Flugzeug verlassen», sagt auch Thomas O.* (67), der im gleichen Flieger sitzt wie Sandra F.

400 Euro Entschädigung pro Ticket

Der Rentner bestätigt die Schilderung der jungen Frau. Nach der unfreiwilligen Nacht in Deutschland geht es schliesslich zurück nach Basel. Der Flieger setzt um 6 Uhr morgens auf. 6½ Stunden später als geplant. «Schliesslich hatte auch noch das Gepäck Verspätung», sagt Sandra F. – und drückt abermals auf den Fotoknopf des Handys.

Kaum zu Hause, meldet sich Thomas O. bei seiner TCS-Rechtsschutzversicherung. Er will eine Entschädigung. Und die Experten stärken ihm den Rücken. Sie sagen ihm, dass die Airline wohl 400 Euro auszahlen müsste. Pro Ticket. Weil er mit seiner Frau geflogen sei, sollte Smartlynx ihm also 800 Euro überweisen.

So kommen Sie zu Ihrem Geld

Zu einer Entschädigung berechtigen nur Flug-Annullationen, sagen die Experten des TCS. Eine Verspätung ab drei Stunden werde gemäss Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes als Annullation angesehen. Eine Entschädigung sei aber nur dann geschuldet, wenn keine aussergewöhnlichen Umstände vorliegen. Oftmals lasse sich das nur über eine Beschwerde bei der Flugaufsichtsbehörde klären.

In einem ersten Schritt empfehlen die TCS-Experten, sich direkt an die Airline zu wenden. Der Wortlaut soll einfach gehalten werden. Anrede, kurze Schilderung des Sachverhalts, Verweis auf Art. 7 EG Verordnung 261/2004 und anschliessend die Entschädigungsforderung. Zur Berechnung der Entschädigung sei die Flugdistanz relevant. Bei einer Entfernung zwischen 1500 und 3500 Kilometern, wie im aktuellen Gran-Canaria-Basel-Nürnberg-Fall, seien es 400 Euro pro Person.

Zu einer Entschädigung berechtigen nur Flug-Annullationen, sagen die Experten des TCS. Eine Verspätung ab drei Stunden werde gemäss Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes als Annullation angesehen. Eine Entschädigung sei aber nur dann geschuldet, wenn keine aussergewöhnlichen Umstände vorliegen. Oftmals lasse sich das nur über eine Beschwerde bei der Flugaufsichtsbehörde klären.

In einem ersten Schritt empfehlen die TCS-Experten, sich direkt an die Airline zu wenden. Der Wortlaut soll einfach gehalten werden. Anrede, kurze Schilderung des Sachverhalts, Verweis auf Art. 7 EG Verordnung 261/2004 und anschliessend die Entschädigungsforderung. Zur Berechnung der Entschädigung sei die Flugdistanz relevant. Bei einer Entfernung zwischen 1500 und 3500 Kilometern, wie im aktuellen Gran-Canaria-Basel-Nürnberg-Fall, seien es 400 Euro pro Person.

Und was sagt eigentlich die Airline? Sie entschuldigt sich einmal mehr. «Wir sind uns der Verantwortung gegenüber unseren Passagieren sehr bewusst und entschuldigen uns ausdrücklich für die Unannehmlichkeiten», heisst es in einer Stellungnahme.

Technische Störung

Kurz vor dem Abflug in Gran Canaria sei eine technische Störung gemeldet worden, die vor Ort behoben werden musste. «Zu diesem Zeitpunkt war der Abflug bereits um zwei Stunden verzögert.»

Eine Landung in Basel sei nicht mehr möglich gewesen, weil der Flughafen Basel-Mulhouse über Nacht geschlossen wird. «Daher wurde Nürnberg als Ausweichflughafen ausgewählt, mit dem Ziel, die Passagiere mit einer Stand-by-Crew nach Basel-Mulhouse zu fliegen, sobald der Flughafen geöffnet würde.»

«Um diese Uhrzeit stand uns leider keine andere Alternative zur Verfügung», schreibt die Airline. Und nochmals gibt es eine Entschuldigung. Plus ein Versprechen. «Die Entschädigungszahlungen werden angewiesen, sobald die rechtlich relevanten Unterlagen der Passagiere vorliegen.»

* Name geändert

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