«Am liebsten arbeite ich im Service»
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Livia Riley gefällt ihr Beruf:«Am liebsten arbeite ich im Service»

Hier können Livia Riley (17) und Louis Collioud (18) eine ganz normale Ausbildung machen
«Wir gehen an Orte, wo man uns nicht erwartet»

Louis Collioud und Livia Riley haben beide eine Beeinträchtigung. In der Fabrique28 in Bern können sie trotzdem eine ganz normale Ausbildung machen. Ein Besuch.
Publiziert: 01.03.2024 um 00:13 Uhr
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Aktualisiert: 01.03.2024 um 06:57 Uhr
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Livia Riley (l.) und Louis Collioud absolvieren ihre Ausbildung im Eventlokal Fabrique28 in Bern.
Foto: Philippe Rossier

Ein junger Mann steht konzentriert an der Kaffeemaschine und hantiert mit Kolben und Tassen. Freundlich bedient er die Gäste an der Theke und macht hübsche Schäumchen auf den Cappuccino. 

«Man merkt es vielleicht nicht, aber der Umgang mit Menschen bereitet mir am meisten Schwierigkeiten», gibt Louis Collioud (18) im Gespräch mit Blick zu. Er leidet unter einer Autismus-Spektrum-Störung. 

Nachfragen geht immer

In der Fabrique28 – einem Eventlokal der Non-Profit Organisation (NPO) Blindspot in Bern – macht Collioud eine EBA-Lehre als Service-Angestellter. «Gerne möchte ich die EFZ-Lehre anhängen. Jetzt wäre mir das noch zu viel Stress», erklärt er. Die hohe Fehlertoleranz im Betrieb ist ihm wichtig. Er kann ein zweites oder drittes Mal nachfragen: «Fehler machen schliesslich alle.» 

Seine Begeisterung als Barista steht Collioud ins Gesicht geschrieben.
Foto: Philippe Rossier

Zu seinen Aufgaben gehören Servieren, Events vorbereiten oder beim Catering helfen. Collioud hat auch bereits im hauseigenen Foodtruck oder Fondue-Chalet gearbeitet. Am liebsten macht er Kaffee. Und – für viele wohl unvorstellbar – den Abwasch. Ruhige, alltägliche Aufgaben liegen ihm. Aber auch bei grossen Events packt er mit an. 

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«Öffentliche Anerkennung und Herausforderungen: Das hätten die beiden in einer Werkstatt nicht.»
Jonas Staub
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Collioud macht sich viele Sorgen – und dadurch selbst Stress. «Er managte das aber so gut mit seinem Stress, dass er durchaus fähig für den ersten Arbeitsmarkt wird. Er verbessert sich kontinuierlich», sagt Jonas Staub (49), Gründer von Blindspot. Die Fabrique28 ist einer von vier Betrieben der NPO und ist finanziell selbsttragend. Hier können Menschen wie Collioud auf dem ersten Arbeitsmarkt eine Lehre machen.

«Am liebsten serviere ich»

Auch Livia Riley (17) ist eine von ihnen. Die junge Frau mit Trisomie 21 schliesst im Sommer ihre praktische Ausbildung im Betrieb ab. Und sie mache ihre Sache gut: «Sie hat das Angebot erhalten, bei uns zu bleiben. Sie wird vor allem im Catering arbeiten», so Staub. Als Kanadierin spricht Riley neben Deutsch auch Englisch.

Als Blick zu Besuch ist, bereitet Riley gerade die Tische für einen Anlass am nächsten Tag vor. Fein säuberlich deckt sie Tischsets, Besteck und Servietten auf. «Am liebsten serviere ich. Mit Bargeld habe ich beim Einkassieren manchmal Mühe», sagt Riley. Dann frage sie einfach bei einem Arbeitskollegen nach: «Ich fühle mich sehr wohl im Team.»

Riley geht bei ihrer Arbeit mit grösster Sorgfalt vor.
Foto: Philippe Rossier

Staub kann sich noch gut an die Anfänge von Riley erinnern. Sie startete mit einem Praktikum – und versteckte sich zuerst hinter den Säulen. Nach vier Monaten wurde sie selbst aktiv. «Das ist die Kraft der Inklusion: Sie konnte von anderen abschauen, wie sie es machen», ist Staub überzeugt. Denn im Betrieb arbeiten Personen mit und ohne Beeinträchtigung Hand in Hand. 

Bewusst in der Öffentlichkeit

Nach der Ausbildung könnte bei Riley ein Leistungslohn zum Thema werden. Dabei wird angeschaut, wie viel sie im Vergleich zu jemandem ohne Beeinträchtigung leistet. Entsprechend wird dann ihr Lohn bestimmt. «Je nach Höhe entlastet das die Ergänzungsleistungen. Und sie hat nach der IV-Rente mehr Geld zur Verfügung», erklärt Staub. 

Die verschiedenen Berufsausbildungen

Bei allen Berufsausbildungen arbeiten die Auszubildenden in einem Betrieb und besuchen nebenbei die Berufsschule. Die Angebote ergänzen sich gegenseitig. Ein Überblick:

EFZ: Für das eidgenössische Fähigkeitszeugnis (EFZ) müssen Jugendliche und Erwachsene eine drei- bis vierjährige Berufslehre absolvieren.

EBA: Nach Abschluss einer zweijährigen Grundbildung erhalten die Absolvierenden das eidgenössische Berufsattest (EBA). Das Angebot richtet sich vor allem an Menschen mit schulischen Schwierigkeiten. Bei guten Leistungen kann eine EFZ-Ausbildung angehängt werden.

PrA: Die Praktische Ausbildung (PrA) steht allen Menschen offen, beispielsweise Personen mit Lernschwierigkeiten. Nach dieser Ausbildung kann eine EBA- oder EFZ-Lehre gemacht werden.

Wer einer dieser Ausbildungen absolviert hat, kann direkt ins Berufsleben einsteigen.

Bei allen Berufsausbildungen arbeiten die Auszubildenden in einem Betrieb und besuchen nebenbei die Berufsschule. Die Angebote ergänzen sich gegenseitig. Ein Überblick:

EFZ: Für das eidgenössische Fähigkeitszeugnis (EFZ) müssen Jugendliche und Erwachsene eine drei- bis vierjährige Berufslehre absolvieren.

EBA: Nach Abschluss einer zweijährigen Grundbildung erhalten die Absolvierenden das eidgenössische Berufsattest (EBA). Das Angebot richtet sich vor allem an Menschen mit schulischen Schwierigkeiten. Bei guten Leistungen kann eine EFZ-Ausbildung angehängt werden.

PrA: Die Praktische Ausbildung (PrA) steht allen Menschen offen, beispielsweise Personen mit Lernschwierigkeiten. Nach dieser Ausbildung kann eine EBA- oder EFZ-Lehre gemacht werden.

Wer einer dieser Ausbildungen absolviert hat, kann direkt ins Berufsleben einsteigen.

Die IV kommt zwar für Rileys Erstausbildung auf. Danach zahlt sie dem Betrieb aber nichts mehr. Riley müsste in einer Werkstatt arbeiten. «Öffentliche Anerkennung und Herausforderungen hätten die beiden in einer Werkstatt nicht», so Staub. 

Auch mit dem Foodtruck, in dem Collioud und Riley beide schon gearbeitet haben, tritt Staub bewusst in die Öffentlichkeit: «Wir gehen an Orte, wo man uns nicht erwartet. Das verändert das Mindset – oder bringt es zumindest durcheinander.»

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