Heike Birlenbach (57) ist heiser, aber sie redet fast 90 Minuten durch und schont ihre Stimme nicht. Im Mediengespräch erklärt sie, wie sie die Swiss für die Passagiere besser machen will. Birlenbach ist seit 100 Tagen Chief Commercial Officer, kurz Kommerzchefin, der Swiss – der Ertragsperle im deutschen Lufthansa-Konzern.
Die Deutsche hat die Zelte in Frankfurt abgebrochen, wohnt jetzt mit ihrem Mann an der Zürcher Goldküste: «Man hat mir von Anfang an gesagt, da musst du hin», sagt Birlenbach. «Mich hat überrascht, dass man an der Goldküste einfacher etwas findet als in der Stadt Zürich.» Der Vorteil ihres Wohnortes: Der See ist nah und die Berge nicht weit. «Ich wandere gerne und war schon einige Male auf dem See rudern», schwärmt Birlenbach.
Grosse Erfahrung
«Mich hat überrascht, dass man an der Goldküste einfacher etwas findet als in der Stadt Zürich.» Der Vorteil ihres Wohnortes: Der See ist nah und die Berge nicht weit. «Ich wandere gerne und war schon einige Male auf dem See rudern», schwärmt Birlenbach.
In der Airlinebranche sind Frauen an der Spitze immer noch eine Seltenheit. Birlenbach ist die erste Frau in der Geschäftsleitung der Swiss, beschreitet den umgekehrten Weg vieler ihrer Vorgänger, hat die Zentrale in Frankfurt Richtung Kloten ZH verlassen. «Die Swiss glänzt innerhalb der Gruppe ganz besonders», sagt die Frau, die nun das Schweizerkreuz auf der Heckflosse verkaufen muss. «Es hat mich sehr gereizt, hier eine neue Rolle zu übernehmen. Ich glaube, mein Rucksack ist gut gefüllt, um Akzente zu setzen und die Swiss weiterzuentwickeln.»
Zukunft der Swiss
Birlenbach arbeitet seit 1996 für die Lufthansa, hat viele Stationen im Konzern durchlaufen. War immer wieder auf Posten im Ausland, etwa in Amsterdam, London oder in Mailand. Hat sich um den Verkauf des Produkts und die Bedürfnisse der Kunden gekümmert, war aber auch für die Belange der Kabinencrews zuständig. Weiss also, wie wichtig es ist, das Personal mitzunehmen, um das Kundenerlebnis zu verbessern. Damit die Pläne der Chefin zum Fliegen kommen, müssen die Angestellten mit an Bord sein.
Kundenerlebnis verbessern
Die Voraussetzungen dafür sind aus Sicht der Kommerzchefin optimal: «Ich bin begeistert von den Menschen, die ich hier bei der Swiss angetroffen habe. Das Team ist hoch motiviert», sagt Birlenbach. Sich selbst setzt sie klare Ziele: «Wir wollen gesund wachsen und die Marke Swiss stärken, nicht umsonst tragen wir mit viel Stolz das Schweizerkreuz im Logo.»
Der Weg dorthin: Das Kundenerlebnis verbessern, die loyalen Kunden halten und vor allem die Unzufriedenen zurückholen. «Es geht darum, die Kommunikation zu verbessern, wenn mal etwas nicht klappt.» Also, wenn etwa der Flug Verspätung hat, ganz ausfällt oder das Gepäck nicht ankommt. Dabei soll künstliche Intelligenz ebenso helfen wie die Verbesserung der Dienstleistungsqualität in den Callcentern.
«Egal, welche Lösung ein Kunde bekommt, wenn diese nicht dem entspricht, was er sich vorgestellt hat, dann ist er unzufrieden», so Birkenbach. «Hier streben wir Verbesserungen an.» Ein Versprechen, an dem die Kommerzchefin künftig gemessen wird.
Zwei Dinge nerven die Schweizer besonders an ihrer Airline: der Preis und die sogenannten Wet-Lease-Flüge. Wenn die Swiss Flüge verkauft, die sie dann nicht unter eigener Flagge durchführt, also etwas weniger Schweizerkreuz drin ist als ursprünglich versprochen.
Zwei Baustellen
Beim Preis weicht die Kommerzchefin aus: «Der Preis, der bezahlt wird, richtet sich immer nach Angebot und Nachfrage.» Das gilt auch für die Schwestergesellschaften im Konzern, erklärt aber noch nicht, warum die Margen bei der Swiss deutlich höher sind. «Wir schauen auch, wo die Zahlungsbereitschaft, die wir abgreifen können, wie gross ist.» Der Preis sei je nach Markt, wo der Kunde kauft, unterschiedlich.
Immerhin: Bei den Wet-Lease-Flügen, die Swiss von Air Baltic und Helvetic durchführen lässt, zeichnet sich mittelfristig eine Verbesserung ab. «Aufgrund der aktuellen Triebwerkproblematik sind wir auf diese Flüge auf der Kurzstrecke angewiesen. Sonst würden viele Flüge ausfallen und die Netzwerkstabilität leiden», erklärt Birlenbach. «Aber wir wollen diese Flüge bis 2026 deutlich reduzieren, uns vielleicht nur noch auf einen Partner fokussieren.» Im Falle der Swiss wäre das dann wohl Helvetic, wie die Kommerzchefin durchblicken lässt.
Damit muss sich einer nicht mehr herumschlagen: der aktuelle CEO Dieter Vranckcx (51). Er zieht am ersten Juli weiter in die Lufthansazentrale nach Frankfurt. Die Suche nach einem Nachfolger dauert an. Viel Zeit bleibt nicht mehr, was wohl für eine interne Lösung spricht. Denn nicht alle Externen dürften in der Lage sein, so schnell in die Welt der Swiss einzutauchen, wie dies Heike Birlenbach in ihren ersten 100 Tagen gelungen ist.