In der Causa Vincenz bewegt sich endlich etwas. Im kommenden Frühling könnte ein erster Gläubiger Geld vom gefallenen Starbanker Pierin Vincenz (63) sehen. Das Zürcher Obergericht hat vor kurzem der Zwangsversteigerung der Villa in Morcote TI zugestimmt. Dies geht aus dem schriftlichen Urteil hervor, das Blick vorliegt. Das Obergericht hat das Betreibungsamt in Mendrisio TI mit der Durchführung der Zwangsvollstreckung beauftragt.
Wie es auf Anfrage aus der Abteilung Vollstreckung und Insolvenz des Kantons Tessins heisst, ist diese für den «Frühling 2024 geplant». Voraussetzung ist allerdings, dass es «keine verfahrenstechnischen Hindernisse» gibt. Offen ist, ob es im Vorfeld zu einer öffentlichen Besichtigung für Kaufinteressierte kommen wird. So eine ist im Falle einer Zwangsversteigerung allerdings üblich.
Früh will sein Geld
Vincenz und seine Ex-Frau Nadja Ceregato (52) hatten die Villa 2015 – also kurz vor seinem Abgang an der Spitze von Raiffeisen – gekauft. Sie sollen dafür 6,5 Millionen Franken bezahlt haben. Die Raiffeisen-Filiale in Lugano finanzierte das Haus mit einem Hypothekarkredit von 4 Millionen Franken. Dabei soll sie sich laut Strafuntersuchung über die Tragbarkeitsregeln hinweggesetzt haben. Denn Vincenz hatte weitere ausstehende Hypothekarkredite bei seiner damaligen Arbeitgeberin, zum Beispiel für sein Haus in Teufen AR.
Treiberin hinter der Zwangsversteigerung der Villa in Morcote ist die Immobilienfirma Tecti von Dölf Früh (71). Dieser hat Vincenz Anfang 2019 4,3 Millionen Franken geliehen, um die Hypothek der Raiffeisen abzulösen. Der Ex-FC-St. Gallen-Präsident und Immobilienunternehmer will sein Geld nun wieder zurück. Früh wollte Vincenz damals aus der Patsche helfen und scheint zunehmend frustriert, dass es so lange dauert, bis die Hypothek zurückgezahlt wird.
Wertverlust befürchtet
Für die Hypothek war ein kleiner Zins vereinbart worden. Allerdings hat Vincenz die Zinszahlungen wohl bald eingestellt, weil ihm die flüssigen Mittel ausgegangen sind. Denn die Staatsanwaltschaft hatte die Vermögenswerte des Ex-Bankers vorsorglich sperren lassen.
So war es die Firma von Früh, die am 19. Juli 2023 die Aufhebung der Grundbuchsperre auf der Villa in Morcote beantragte, um die Betreibung fortzusetzen und die Pfandverwertung durch das Betreibungsamt durchführen zu lassen. Auch weil ein unbewohntes und sanierungsbedürftiges Haus mit jedem Tag etwas weniger wert wird.
Dieser Argumentation folgte das Gericht, da gemäss Gesetz «Gegenstände, die einer schnellen Wertminderung unterliegen oder einen kostspieligen Unterhalt erfordern», sofort verwertet werden können. Und auch die übrigen Parteien hatten dagegen nichts einzuwenden.
Da die Villa zwangsversteigert wird, geht der Verkaufserlös als Erstes an die sogenannten Pfandgläubiger. Im Fall des Vincenz-Hauses ist das Dölf Früh als Gläubiger der grundpfandbesicherten Hypothek von 4,3 Millionen Franken. Sollte darüber hinaus ein Überschuss erzielt werden, wird dieser dem gesperrten Vermögen von Pierin Vincenz zugeschlagen. Das heisst, andere Gläubiger von Vincenz gehen weiterhin leer aus.
Weist Obergericht Urteil zurück?
Auch im Berufungsverfahren vor dem Zürcher Obergericht könnte sich früher als erwartet etwas bewegen. Wie aus involvierten Kreisen zu vernehmen ist, prüfe das Gericht den Fall ergebnisoffen. Das heisst, auch eine Rückweisung des Urteils könnte möglich sein. Das würde bedeuten, dass der ganze Fall neu aufgerollt werden müsste. Eine Entscheidung über Rückweisung könnte noch bis Ende dieses Jahres fallen.
Andernfalls würde es im Sommer oder gar erst im Herbst 2024 zur Durchführung des Berufungsverfahrens kommen, wie verschiedene involvierte Parteien inzwischen erwarten.