Nestlé stand in den letzten Wochen in der Dauerkritik: Dem Schweizer Nahrungsmittelkonzern wird seit Kriegsausbruch vorgeworfen, mit seinem Geschäft in Russland den Krieg von Kreml-Chef Wladimir Putin (69) mitzufinanzieren. Besonders der ukrainische Präsident Wolodimir Selenski (44) ging mit Nestlé hart ins Gericht. Der Konzern hat sein Russlandgeschäft inzwischen massiv heruntergefahren. Den Quartalszahlen von Nestlé kann das turbulente Frühjahr jedoch überhaupt nichts anhaben.
Nestlé legte von Januar bis März um 7,6 Prozent zu, wie das Unternehmen am Donnerstag mitteilte. Das ist nochmals deutlich mehr als im bereits starken Vorquartal (+7,2 Prozent). Der Umsatz stieg um 5,4 Prozent auf 22,2 Milliarden Franken an. Auch mengenmässig verkaufte Nestlé 2,4 Prozent mehr – unter anderem Tierfutter von Purina, Nespresso-Kapseln oder Kitkat-Schokoladenriegel.
Russlandgeschäft nicht auf Gewinn ausgerichtet
Wie CEO Mark Schneider in der letzten Zeit bereits mehrmals angedeutet hatte, hob das Unternehmen aber auch die Preise deutlich an, um der hohen Kosteninflation entgegenzuwirken. Die Preissteigerungen betrugen 5,2 Prozent nach 3,1 Prozent im Vorquartal.
Vor allem die Konsumenten in Nord- und Lateinamerika müssen für die Produkte von Nestlé mehr bezahlen. In Nordamerika hob das Unternehmen seine Preise um 8,5 Prozent, in Lateinamerika um 7,7 Prozent an.
Aber auch in Europa verlangte Nestlé im Schnitt 4,3 Prozent mehr für seine Produkte. Einzig China blieb von den Preisanpassungen verschont, dort gingen die Preise um ein halbes Prozent zurück.
Doch der Gipfel ist offenbar noch nicht erreicht. «Die Kosteninflation steigt weiterhin kräftig an, weshalb im Verlauf des Jahres weitere Preisanpassungen und eindämmende Massnahmen erforderlich sein werden», wird Firmenchef Mark Schneider (56) in einer Mitteilung zitiert.
Im März stellte Nestlé einen Grossteil der Produktion in und Lieferungen nach Russland ein – mit Ausnahme von Grundnahrungsmitteln oder medizinischer Tiernahrung. CEO Schneider betonte in letzter Zeit zudem mehrmals, das verbleibende Russlandgeschäft sei nicht auf Gewinn ausgerichtet.
Erwartungen der Analysten übertroffen
Mit den vorgelegten Zahlen übertrifft Nestlé selbst die kühnsten Erwartungen der Analysten. Sie hatten im Schnitt mit einem Umsatz von 21,8 Milliarden Franken, einem organischen Wachstum von 5,5 Prozent und einem Mengenwachstum (RIG) von 1,4 Prozent gerechnet.
Dennoch belässt das Unternehmen seine Ziele für das Gesamtjahr 2022 unverändert. Nestlé strebt ein organisches Umsatzwachstum von rund 5 Prozent und eine bereinigte EBIT-Marge zwischen 17,0 und 17,5 Prozent an. Zudem dürften der bereinigte Gewinn je Aktie bei konstanten Wechselkursen und die Kapitaleffizienz steigen. (SDA/smt)