«Die gleiche Qualität kostet nur 50 Dollar»
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Chinesen zeigen wahre Preise:«Die gleiche Qualität kostet nur 50 Dollar»

Hermès-Tasche mit Ladenpreis 38'000 Dollar nur 1400 Dollar?
Chinesen enthüllen angebliche Produktionskosten von Luxusmarken

Tiktok-Videos enthüllen angebliche Produktionspraktiken westlicher Luxusmarken in China. Warum gerade jetzt und was ist an den Vorwürfen dran? Ein Markenexperte ordnet ein.
Publiziert: 10:14 Uhr
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Aktualisiert: 13:40 Uhr
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Angestellte in einer Seidenfabrik in China. Produzieren hier auch westliche Luxusmarken?
Foto: VCG via Getty Images

Darum gehts

  • Plötzlich tauchen zahlreiche Videos auf Tiktok zu Luxusgüter-Konzernen auf
  • Luxusmarken produzieren mehr im Ausland als gegenüber Kunden offengelegt wird
  • Birkin-Tasche von Hermès für 38'000 Dollar kostet in Produktion 1400 Dollar
Die künstliche Intelligenz von Blick lernt noch und macht vielleicht Fehler.
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Gabriel KnupferRedaktor Wirtschaft

China weitet den Handelskrieg in die sozialen Medien aus. Tiktok wird von Videos überschwemmt, in denen Chinesinnen und Chinesen bekannte Marken für ihre Produktion in China brandmarken oder zeigen, wie billig die Produkte hergestellt werden. Neben Zöllen auf US-Produkte setzt die Regierung in Peking also auch auf psychologische Kriegsführung – und spricht auf Tiktok gezielt junge Menschen im Westen an. So werden die Videos, die seit letztem Wochenende in grosser Anzahl auf der chinesischen Social-Media-Plattform aufgetaucht sind, engagiert auf Reddit diskutiert.

Der schwerwiegendste Vorwurf in einigen der Videos auf der chinesischen Social-Media-Plattform: Luxusmarken wie Louis Vuitton würden ihre Produkte trotz «Made in Italy»- oder «Made in France»-Auszeichnung grösstenteils billig in China produzieren. Was steckt dahinter und ist an den Vorwürfen etwas dran? 

Marken produzieren viel in China

Über einzelne Marken könne er sich nicht äussern, sagt Frank Müller (60), HSG-Dozent und Luxusmarkenexperte. «Aber die Vorwürfe sind nicht aus der Luft gegriffen. Es ist in der Branche bekannt, dass manche Luxusmarken mehr im Ausland produzieren, als sie gegenüber den Kunden offenlegen.» Dass China nun den Deckmantel des Schweigens lüfte, der vorher über diesen Praktiken gelegen habe, schade beiden Seiten, sagt Müller. «Die chinesischen Hersteller haben als Zulieferer gut gelebt.» 

Ein Beispiel: In einem Clip behauptet eine chinesische Influencerin, dass eine 100-Dollar-Leggins von Lululemon in China für 5 bis 6 Dollar erhältlich sei. Zwar ohne Logo der kanadisch-amerikanischen Modemarke, aber aus derselben Produktionslinie. «Das Material und die Verarbeitung sind gleich.» Der Clip holte bisher 1,4 Millionen Likes.

Die Angaben lassen sich nicht unabhängig überprüfen. Aber gegenüber der Wirtschaftsagentur «Bloomberg» sagte Lululemon, dass nur 3 Prozent der fertigen Produkte aus China stammten. Unklar bleibt in dem Statement, wie viel Vorarbeit in China geleistet wird.

Birkin-Tasche für 1400 Dollar?

Besonders krass ist laut den Videos der Preisvergleich bei Luxusmarken: In einem Video mit über 200'000 Likes sagt ein chinesischer Handtaschenhersteller, dass die Produktionskosten einer Birkin-Tasche von Hermès bei knapp 1400 Dollar lägen – und das bei einem Ladenpreis von 38'000 Dollar. Würde die Tasche in China statt in Frankreich gefertigt, würde die genau gleiche Tasche sogar nur 1000 Dollar kosten, so das Fazit des Videos. 

Diese Schätzung scheine ihm zu tief, sagt Müller. «Doch wir können davon ausgehen, dass eine Birkin in der Herstellung nicht 30'000 Dollar kostet.» Die Margen in der Luxusindustrie seien generell gross.

Leute kaufen Markenprodukte wegen der Marke

Dass der Plan hinter den Videos aufgehe und die Leute nun billige chinesische Ersatzprodukte statt Luxusmarken kaufen, glaubt Müller nicht. «Es geht um mehr als das reine Produkt, mit dem Kauf einer bestimmten Marke mache ich eine Aussage über meine Lebensauffassung.»

Es sei deshalb gut möglich, dass der Schuss der Chinesen nach hinten losgehe: «Mit diesen Videos wird das Vertrauen zwischen den Marken und den Zulieferern zerstört, ohne dass die chinesischen Hersteller davon profitieren können.»

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