Auf einen Blick
- Zuger Kryptobörse Lykke stellt Betrieb ein. Kunden bangen um Assets
- Gründer Richard Olsen ist Urenkel von Privatbankgründer Julius Bär
- Hacker stahlen im letzten Sommer Kryptobestände im Wert von 22 Millionen Franken
Das Krypto-Valley in Zug galt einst als Zentrum der Schweizer Pionierarbeit in Sachen Kryptowährungen. Doch der Ruf des Standorts bröckelt. Innovativ? Längst vorbei, urteilte kürzlich Eric Demuth (37), CEO von Bitpanda, Europas grösster Kryptobörse. «Da passiert aktuell zu wenig. Entweder zogen die Leute ins europäische Ausland oder nach Dubai oder Singapur», sagte er in einem Interview mit «Cash».
Symbolhaft für den Abschwung im Zuger Krypto-Valley steht das Aus der dort ansässigen Handelsplattform Lykke. Die Schweizer Kryptobörse stellt am 6. Dezember den Betrieb ein. Die Kunden bangen jetzt um ihr Geld.
Lykke-Gründer ist ein bekannter Name
Gründer von Lykke ist Richard Olsen (71), der weiterhin als Chef der Kryptobörse fungiert. Das Aus seiner Firma ist für ihn eine herbe Niederlage. In der E-Mail an die Kundschaft, in der Olsen das Ende verkündete, sprach er vom «schmerzhaftesten Wendepunkt in meinem unternehmerischen Leben». Er gilt in der Schweizer Fintech-Branche als namhafte Figur – dank der Erfolgsstory Oanda.
Die Handelsplattform, die laut eigenen Angaben führend bei Währungsdaten ist, konnte er 2018 erfolgreich an die Private-Equity-Firma CVC Capital Partners verkaufen. Die US-Beteiligungsgesellschaft dürfte den Fussballfans als Investor bei europäischen Top-Ligen ein Begriff sein.
Insider beschreiben Olsen als «superintelligenten Menschen». Dass seine unternehmerischen Ideen funktionieren können, hat er bewiesen. Kein Wunder: Ihm wurde das Finanzwissen praktisch in die Wiege gelegt, schliesslich ist er ein Urenkel von Julius Bär. Der Gründer der gleichnamigen Zürcher Privatbank war der Grossvater von Richard Olsens Mutter Marianne Olsen, die sich als Bildhauerin einen Namen machte. Dem Vater Jørgen Lykke Olsen, einem dänisch-schweizerischen Physiker, verdankt die gescheiterte Zuger Kryptobörse den Namen.
Schon 2020 grosse finanzielle Probleme
Diese Ehre ist mittlerweile eine mit bitterem Nachgeschmack. Lykke fehlte es an genügend Investorengeldern. Um die Finanzen stand es bei Lykke schon vor vier Jahren schlecht. Das Mutterhaus schrieb 2020 einen Verlust von 5,2 Millionen Franken, im Jahr zuvor waren es gar 8,2 Millionen Franken gewesen. Seit 2020 hat das Unternehmen keine Geschäftsberichte mehr publik gemacht. Aber die Zahlen von damals verdeutlichen das Problem: Lykke verfügte Ende 2020 bloss über flüssige Mittel von gut 600’000 Franken. Die kurzfristigen Verbindlichkeiten beliefen sich hingegen auf 6,3 Millionen Franken. Die Kryptobörse lief Gefahr, bald fällige Schulden nicht mehr bedienen zu können.
Schon damals kursierten Gerüchte, dass Lykke wohl bald zu Ende sei. Das Portal «Inside Paradeplatz» berichtete Ende Oktober 2020 von diversen prominenten Abgängen. Lykke hat aber vier weitere Jahre durchgehalten. Der endgültige Sargnagel für Lykke dürfte gewesen sein, dass Hacker im letzten Sommer Kryptobestände im Wert von 22 Millionen Franken gestohlen hatten.
Einlagesicherung greift nicht
Die Kunden, die sich nun um ihre Investments sorgen, kämpfen um ihre Entschädigungen. Sie tauschen sich auf Telegram oder in Whatsapp-Gruppen aus. Blick hat sich mit mehreren von ihnen ausgetauscht, viele sind sauer. Zwei Schweizer Anleger, die anonym bleiben wollen, haben Blick auch selber verfasste Dokumente zugespielt. Darin werfen die zwei unabhängigen Quellen Lykke vor, sich ohne Einwilligung an Assets der Kunden bedient zu haben – wohl um die Beträge selber anzulegen oder damit Schulden zu bezahlen. Ein Vorgehen, das zumindest ethische Fragen aufwirft. Lykke-Chef Olsen reagiert auf mehrere Blick-Anfragen mit einem kurzen Statement: «Wir sind im Moment dabei, sämtliche Optionen für Lykke zu prüfen und werden bis spätestens kommenden Sonntagabend entscheiden.» Am Montagmorgen werde er dann informieren. Das bedeutet: Olsen glaubt weiterhin an eine wundersame Rettung.
Nun warten die Kunden gebannt auf dieses Stichtag. Die Kryptobörse hat ihnen zugesichert, darüber zu informieren, wie hoch ihre Bestände derzeit noch sind. Die Einlagensicherung, die den Schutz der Gelder auf Bankkonten bis 100’000 Franken garantiert, gilt im Fall von Lykke nicht. Denn das Unternehmen wird nicht von der Eidgenössischen Finanzmarktaufsicht (Finma) überwacht. Zwar hatte Lykke schon vor Jahren eine Bewilligung bei der Finma beantragt, diese aber nie erhalten.