Monatelang ist alles teurer geworden. In den Supermärkten, aber auch in den Discountläden. Allerdings: Im April blieben die Konsumentenpreise in der Schweiz gegenüber dem Vormonat konstant. Jetzt sorgt Coop mit grossflächigen Werbeanzeigen für Aufmerksamkeit: «Wir haben bei über 200 Markenartikeln die Preise gesenkt.» Auch Lidl wirbt mit «XXL Spar»-Tagen. Reine Preiskosmetik aus den PR-Abteilungen der Unternehmen?
Nachrichten wie diese machen jedenfalls preisbewussten Konsumentinnen und Konsumenten Hoffnung, dass die hohen Preise für Lebensmittel endlich wieder sinken. Die Inflationsrate für den Mai liegt noch nicht vor, offenbar tut sich aber was an der Preisfront. «Seit einigen Wochen kehrt der Wind und die Situation scheint sich etwas zu entspannen», bestätigt Migros-Sprecher Marcel Schlatter.
Die grosse Teuerungs-Entspannung bleibt bislang aber aus. Seit Jahresbeginn gibt es mehr Preiserhöhungen als Reduktionen beim orangen Riesen. So auch bei der Discount-Tochter Denner, wie Sprecher Thomas Kaderli auf Anfrage bestätigt. Er verspricht: «Wir verhandeln weiter hartnäckig mit unseren Lieferanten.»
Diese Lebensmittel gibts günstiger
Gut 2000 Produkte umfasst das Standard-Sortiment bei Denner. Seit Jahresbeginn haben die Verantwortlichen die Preise von 250 Produkten dauerhaft gesenkt. Das entspricht rund 13 Prozent des Sortiments. Beispiele: Toffifee kostet neu 2 Franken, 20 Rappen weniger als zuvor. Der Preis vom Emmi-Becherdrink Caffè Latte sinkt um 5 Rappen auf 2.10 Franken. Bei den Eigenmarken wurden Eierspätzli 50 Rappen billiger. Sie kosten neu 2 Franken.
Beim Discounter Lidl sind 150 Preissenkungen bei Artikeln zusammengekommen, «am deutlichsten in den Bereichen gekühlte Feinkost wie Salatdressings und Birchermüesli, Kosmetik und Käse», sagt Sprecher Mathias Kaufmann. Lidl – mit ebenfalls einem Sortiment von 2000 Produkten des täglichen Bedarfs – leiste sich keine «ineffizienten Distributionen und kein teures Marketing», kann der Sprecher sich eine Spitze auf die beiden Grossverteiler nicht verkneifen.
Die Kostentreiber bleiben bis auf Weiteres
Gleichzeitig sei man aktuell immer noch mit hohen Rohstoff- und Energiepreisen konfrontiert. «Einzelne Produkte können auch teurer werden», sagt Kaufmann von Lidl weiter.
Ins gleiche Horn stösst Aldi. Sagt aber: «Wo ein Kostenvorteil entsteht, geben wir ihn natürlich an unsere Kundschaft weiter.» Für Preis-Unsicherheit im Detailhandel sorgen zudem auch die Kostentreiber Transport und Verpackung.
Auf breiter Front werden Nahrungsmittel folglich in den kommenden Monaten nicht günstiger. Dafür sorgt der Wettbewerb unter den Grossen weiter für punktuelle Preissenkungen. Legt der eine vor, zieht der andere nach. Das geht hoffentlich schneller als es bei den Tankstellenbetreibern der Fall ist, wenn der Ölpreis fällt.
Eigenmarken stärker gefragt
Derweil spüren alle befragten Detailhändler, dass die Nachfrage nach günstigeren Artikeln wie M-Budget, Prix-Garantie und Eigenmarken der Discounter stetig steigt. «Unter dem Strich ist das Thema Preis allgemein stärker in den Fokus bei unseren Kundinnen und Kunden gerückt», sagt Lidl-Sprecher Kaufmann.
Neben den 200 Markenprodukten hat Coop auch bei 60, der rund 1500 Produkte der Prix-Garantie-Linie, die Preise gesenkt. Darunter etwa die Packung Frischbackbrötchen um 17 Prozent auf 1 Franken.
Fragen zum Ausmass der Preiserhöhungen beantwortet Coop nicht. Das Standard-Sortiment beim Basler Grossverteiler ist mit 5000 bis 40'000 Food- und Non-Food-Artikeln je nach Grösse der Verkaufsstelle deutlich grösser als jenes der Discounter oder auch Dorfläden.
Zu letzteren gehört Volg. «Die Situation im Preismarkt hat sich stabilisiert», macht Sprecherin Tamara Scheibli Hoffnung. Entwarnung gibt sie aber nicht. Immerhin: Bei Papierwaren und Brot würden sich auf Mitte Jahr Preissenkungen abzeichnen.
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