Es war den Agenturen keine drei Zeilen wert. Und doch zeigt die Kurzmeldung, dass die Krise bei der Credit Suisse immer weitere Kreise zieht. Es geht um ein Kapitalmarktgeschäft in der Schweiz. Der Banco de Crédito e Inversiones, eine Retailbank aus Chile, nahm letzte Woche am Anleihenmarkt 135 Millionen am Schweizer Franken auf.
Eigentlich ein klassisches Geschäft für die Credit Suisse. Denn Anleihen platzieren, Börsengänge und Kapitalerhöhungen durchführen sowie Firmenkredite strukturieren – das ist das Hoheitsgebiet der Bank. Es ist quasi der Kern des Kerngeschäfts, damit wurde die Bank gross, in diesem Geschäft führt kein Weg an der CS vorbei. Zumindest war das immer so.
Doch die Transaktion mit der chilenischen Bank wurde nicht unter Federführung der Credit Suisse abgewickelt, sondern von der UBS und der Zürcher Kantonalbank. «Früher wäre die CS mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit eine der Lead-Banken gewesen», sagt Guido Versondert, Kreditanalyst bei der Schweizer Ratingagentur Independent Credit View. Dass dies heute nicht mehr selbstverständlich ist, zeige, dass die Bank auch in ihrem Kerngeschäft unter Druck steht.
Dass es der Konkurrenz gelingt, die CS auch in ihrem Heimmarkt anzugreifen, führt zu erhöhter Nervosität. Das zeigte sich auch Ende des letzten Jahres, als die Schweizer Niederlassung der Grossbank J.P. Morgan eine Statistik veröffentlichte, welche die Amerikaner im Kapitalmarktgeschäft an der Spitze zeigte.
Die Credit Suisse sah sich zu Unrecht auf den zweiten Platz abgeschoben und bezeichnete die Tabelle als irreführend, da es sich um keine offizielle Statistik handelte. In den offiziellen League Tables, wie die Statistiken heissen, sei die CS immer noch auf Platz eins.
Jetzt ist die Krise auch im Heimmarkt angekommen
Dass die Krise auch im Heimmarkt angekommen ist, zeigt sich auch bei den Geldabflüssen. Im vierten Quartal flossen der Bank 8,3 Milliarden Franken ab. Bereits in den Monaten zwischen Juli und September flossen der Schweiz Einheit, die von André Helfenstein geleitet wird, 1,5 Milliarden ab. Macht zusammen also fast zehn Milliarden Franken.
Derzeit haben Vergleiche zwischen der Credit Suisse und dem Fall Swissair Hochkonjunktur. Vor den Augen einer damals untätigen Politik zerschellte die nationale Fluggesellschaft – ein Trauma, das bis heute nachwirkt. Muss also die Politik jetzt bei Credit Suisse einschreiten, um die Bank vor dem Konkurs zu retten?
Es gibt zwei Gründe, die dagegen sprechen. Der wichtigste: Die Bank kann gar nicht Pleite gehen. Die Politik und der Regulator haben vorgesorgt, dass es zu keiner Rettung wie bei der UBS kommt. Mit der Too-big-to-Fail-Gesetzgebung wurde quasi ein Fangnetz aufgespannt, das abstützende systemrelevante Banken auffängt.
Letztes Jahr – also 14 Jahre nach Ausbruch der Finanzkrise 2008 – sind die Vorkehrungen praktisch abgeschlossen. In einem Dokument der Finma vom letzten März heisst es: «Die Schweizer Grossbanken konnten mit weiteren operationellen Verbesserungen entsprechende Fortschritte in ihrer globalen Resolvability (Abwickelbarkeit) erzielen. Dies betrifft insbesondere die Bereiche der operativen Entflechtungen, der Bereitstellung von Liquiditäts- und Kapitalinformation für die Krisenbewältigung sowie der Vorbereitung einer Post-Bail-in-Restrukturierung.»
Im Kern geht es um zwei Dinge: Die Grossbanken müssen genügend Kapital in speziellen Puffertöpfen halten, die im Notfall angezapft werden können, um das Institut zu stabilisieren und zu rekapitalisieren. Und: Die Banken müssen so organisiert sein, dass sie im Krisenfall einfacher zerlegt werden können. Dass zum Beispiel die für die Schweizer Volkswirtschaft relevanten Teile wie der Zahlungsverkehr, das Kleinkunden- und Firmengeschäft aus dem brennenden Hochhaus in Sicherheit gebracht werden können.
Mit einer Eigenkapitalquote von aktuell knapp über 14 Prozent ist die Bank gut kapitalisiert. Selbst wenn sie nächstes Jahr wie angekündigt weitere Verluste einfährt, werden die Trigger voraussichtlich nicht gezogen. Die Ratingagentur S&P, die am kritischsten von allen grossen Agenturen auf die CS blickt, hat letzte Woche ihr Rating von BBB– bestätigt. Eine Herabstufung wie im letzten November steht also unmittelbar nicht an.
Derzeit haben Vergleiche zwischen der Credit Suisse und dem Fall Swissair Hochkonjunktur. Vor den Augen einer damals untätigen Politik zerschellte die nationale Fluggesellschaft – ein Trauma, das bis heute nachwirkt. Muss also die Politik jetzt bei Credit Suisse einschreiten, um die Bank vor dem Konkurs zu retten?
Es gibt zwei Gründe, die dagegen sprechen. Der wichtigste: Die Bank kann gar nicht Pleite gehen. Die Politik und der Regulator haben vorgesorgt, dass es zu keiner Rettung wie bei der UBS kommt. Mit der Too-big-to-Fail-Gesetzgebung wurde quasi ein Fangnetz aufgespannt, das abstützende systemrelevante Banken auffängt.
Letztes Jahr – also 14 Jahre nach Ausbruch der Finanzkrise 2008 – sind die Vorkehrungen praktisch abgeschlossen. In einem Dokument der Finma vom letzten März heisst es: «Die Schweizer Grossbanken konnten mit weiteren operationellen Verbesserungen entsprechende Fortschritte in ihrer globalen Resolvability (Abwickelbarkeit) erzielen. Dies betrifft insbesondere die Bereiche der operativen Entflechtungen, der Bereitstellung von Liquiditäts- und Kapitalinformation für die Krisenbewältigung sowie der Vorbereitung einer Post-Bail-in-Restrukturierung.»
Im Kern geht es um zwei Dinge: Die Grossbanken müssen genügend Kapital in speziellen Puffertöpfen halten, die im Notfall angezapft werden können, um das Institut zu stabilisieren und zu rekapitalisieren. Und: Die Banken müssen so organisiert sein, dass sie im Krisenfall einfacher zerlegt werden können. Dass zum Beispiel die für die Schweizer Volkswirtschaft relevanten Teile wie der Zahlungsverkehr, das Kleinkunden- und Firmengeschäft aus dem brennenden Hochhaus in Sicherheit gebracht werden können.
Mit einer Eigenkapitalquote von aktuell knapp über 14 Prozent ist die Bank gut kapitalisiert. Selbst wenn sie nächstes Jahr wie angekündigt weitere Verluste einfährt, werden die Trigger voraussichtlich nicht gezogen. Die Ratingagentur S&P, die am kritischsten von allen grossen Agenturen auf die CS blickt, hat letzte Woche ihr Rating von BBB– bestätigt. Eine Herabstufung wie im letzten November steht also unmittelbar nicht an.
Die CS-Schweiz verdient inzwischen auch weniger. Die Erträge schrumpften im Vergleich zum Vorjahresquartal um ein Fünftel. Der Vorsteuergewinn fiel im vierten Quartal auf 259 Millionen Franken – gegenüber dem Vorjahresquartal beträgt das Minus 40 Prozent.
Wie in anderen Abteilungen laufen der Bank auch im Heimmarkt wichtige Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter davon. Sie gehen dabei nicht nur zu den Grossen wie UBS, Julius Bär oder ZKB. Ganze Teams wechselten in den letzten Monaten auch zu kleinen Instituten wie der Bank Rothschild, der liechtensteinischen LGT oder zur wirklich kleinen Bank Zimmerberg.
In zwei Jahren zu Flächenbrand
Die Probleme starteten vor zwei Jahren mit einem Doppelschlag. Der Fünf-Milliarden-Verlust mit dem Hedgefonds Archegos und der Kollaps der Greensill-Lieferkettenfonds stürzten die CS in eine Krise, aus der sie bis heute nicht herausgefunden hat. Was vor zwei Jahren zwei isolierte Ereignisse waren, hat sich inzwischen zu einem Flächenbrand ausgeweitet.
Nicht nur das Investmentbanking ist betroffen, das komplett umgebaut wird, sondern auch das Asset Management und das Privatkundengeschäft – alle drei Abteilungen sind im vergangenen Quartal in die Verlustzone gerutscht.
Besorgniserregend ist die Entwicklung vor allem in der Vermögensverwaltung, dem sogenannten Wealth Management, wo im vierten Quartal 93 Milliarden Franken abflossen. Besorgniserregend ist das auch deshalb, weil diese Abteilung im Zentrum der künftigen «New Credit Suisse» stehen soll.
*Der Journalist Beat Schmid (54) schreibt im SonntagsBlick über Finanzthemen. Er ist Herausgeber des Onlinemediums tippinpoint.ch