Vollmundig verkündete das WEF diese Woche, dass an der diesjährigen Ausgabe eine rekordhohe Anzahl an Staats- und Regierungschefs nach Davos GR reist. Die Kehrseite der Medaille: Die Präsidenten, Premierministerinnen und andere Mitglieder der WEF-Elite reisen selten mit dem Zug an. Der Privatjet erscheint vielen als das standesgemässere – und bequemere – Transportmittel.
Mit Folgen: Das niederländische Umweltberatungsunternehmen CE Delft hat im Auftrag von Greenpeace die Flugbewegung während des letzten WEF im Mai 2022 unter die Lupe genommen. 1040 Privatjets zählt das Unternehmen für die WEF-Woche. Betrachtet wurden Privatjetflüge unter anderem nach Zürich, Basel, Altenrhein SG und Samedan GR, weil diese Flughäfen während des WEF für die An- und Abreise genutzt würden, so die Studienautoren.
Für 21 km ins Flugzeug gestiegen
Der CO2-Ausstoss während der WEF-Woche habe sich im Vergleich zu einer Durchschnittswoche vervierfacht, so das Ergebnis der Untersuchung. Die Privatjets stiessen während der WEF-Woche demnach 9700 Tonnen CO2 aus – das entspricht den wöchentlichen Emissionen von 350'000 Autos.
In den Augen von Greenpeace besonders problematisch: 38 Prozent der Privatjetflüge während des WEF waren Ultrakurzstreckenflüge unter 500 km. «Solch eine Strecke lässt sich problemlos mit dem Zug zurücklegen», echauffiert sich Iris Menn (51), Geschäftsleiterin von Greenpeace Schweiz. Sechs Prozent der Flüge waren gar weniger als 100 km weit. Der kürzeste legte gerade einmal 21 km zurück. Der betroffene Flug ging von Friedrichshafen (D) nach Altenrhein SG – ein Katzensprung über den Bodensee. Mit dem Auto hätte die Fahrt nur eine Stunde gedauert.
WEF will Teilnehmende zum Umstieg bewegen
Bei der anstehenden WEF-Ausgabe in der kommenden Woche erwartet Greenpeace ähnlich viele Privatjetflüge und CO2-Emissionen. «Ökologische Heuchelei», nennt Menn das. «Die Reichen und Mächtigen schwärmen nach Davos, um sich hinter verschlossenen Türen über das Klima und die Ungleichheit zu unterhalten – und benutzen dafür das dreckigste aller Verkehrsmittel.» Besonders stossend sei, dass dies nun erneut passiere, während in ganz Europa einige der wärmsten Januartage der Messgeschichte aufgezeichnet würden.
Tatsächlich behauptet das WEF von sich selber, klimaneutral zu sein. Sämtliche CO2-Emissionen würden kompensiert. Die Verantwortlichen geben aber zu, dass der Transport den Löwenanteil der CO2-Emissionen ausmacht. Das WEF will diese Emissionen laut eigenen Aussagen reduzieren – und lockt mit Rabatten: Wer mit dem Zug anreist, muss nur den halben Teilnahmebeitrag bezahlen.