Graubünden und Zug erhalten im Kampf gegen das Coronavirus den Ritterschlag: Sie sind den anderen Kantonen in der Pandemie-Bewältigung «stets einen Schritt voraus», agieren «konstant überdurchschnittlich», haben die Pandemie «am besten im Griff» – die Lobeshymne ginge noch weiter. Sie stammt aus der Feder von Avenir Suisse. In einer 140 Seiten langen Studie hat die liberale Denkfabrik die Pandemie-Bewältigung der Kantone miteinander verglichen.
Am anderen Ende der Skala stehen unter anderen Obwalden, Neuenburg und Genf. Ihnen wird von Avenir Suisse eine «zurückhaltende Gangart» vorgeworfen. Etwa mit Blick auf die Testkapazitäten, das Contact Tracing und die Krisenvorsorge. Bei den genannten Kantonen kommt das Urteil von Avenir Suisse offenbar nicht besonders gut an. Anfragen von Blick zur Studie bleiben unbeantwortet oder werden abgewimmelt. Die Begründungen: Man habe keine Kenntnis von der Studie, wolle diese zuerst seriös prüfen.
«Wir hatten null Verständnis»
Anders klingt es auf dem Podest: Zug und Graubünden nehmen unverzüglich und ausführlich Stellung. «Es ist schön, wenn man gelobt wird. Das kann kein Politiker verhehlen», gibt der Zuger Gesundheitsdirektor Martin Pfister (58, Die Mitte) unumwunden zu. Avenir Suisse findet besonderen Gefallen daran, dass an den Zuger Schulen zweimal wöchentlich getestet wird. Dafür will Pfister allerdings nicht die Lorbeeren einheimsen: Die Idee habe man sich in Graubünden abgeschaut.
Die Massentests an den Bündner Schulen und in den Betrieben seien anfangs auf massiven Widerstand gestossen, erinnert sich Regierungsrat Marcus Caduff (48, Die Mitte). «Der Bund und die anderen Kantone haben uns null Verständnis entgegengebracht. Aber wir haben an die repetitiven Tests geglaubt.»
Dass die Tests in anderen Kantonen Nachahmer gefunden haben, freut Caduff. Er wünschte sich, es wären mehr: «Wenn alle Kantone bei den repetitiven Tests mitgemacht hätten, wären wir nicht dort, wo wir jetzt sind.» Er lässt damit auch durchblicken, dass andere Kantone sich aus der Verantwortung stehlen. Mit dem Finger auf sie zeigen wollen aber weder Graubünden noch Zug. Der Zuger Martin Pfister stellt klar: «Ich will den anderen Kantonen keine Ratschläge erteilen.»