Zoff im Gesundheitswesen, einmal mehr. Die Spitäler wollen die Tarife der Teuerung anpassen. Bundesrat und Krankenkassen wollen davon nichts wissen. Im SonntagsBlick begründete Santésuisse-Sprecher Matthias Müller die ablehnende Haltung mit dem Argument, «dass viele Spitäler in den letzten Jahren Gewinn schreiben konnten».
Wie bitte? Spitäler schreiben Gewinne? Na so was. Im Ernst: Ja, viele Spitäler schreiben Gewinne. Sie müssen das sogar, nur sind sie leider nicht hoch genug.
2012 ist die neue Spitalfinanzierung in Kraft getreten. Seither müssen Spitäler ihre Investitionen selber finanzieren. Das kann man gut finden oder schlecht. Aber es ist nun mal Gesetz und somit Ausdruck des politischen Willens.
Wenn ein Spital seine Investitionen selber zu finanzieren hat, muss es Gewinne erzielen. Mindestens 10 Prozent sollte die Betriebsgewinnmarge betragen, um laufende Investitionen finanzieren zu können.
Dumm nur, dass nur etwa 25 Prozent aller Spitäler diese Vorgaben zu erfüllen vermögen, wie das Wirtschaftsprüfungsunternehmen PWC in einer Studie darlegte. Weiteren 25 Prozent gehts wirklich schlecht, sie liegen gewissermassen auf der Intensivstation. Die restlichen 50 Prozent sind gesundheitlich angeschlagen.
Wir haben eine Teuerung. Aber es gibt keinen automatischen Teuerungsausgleich. Die Krankenkassen sagen: Höhere Tarife? Noch höhere Prämien? Geht gar nicht. Der Bundesrat ist auf ihrer Seite. Ihn interessiert die Krankenkassenprämie. Die Spitäler sind Sache der Kantone.
Das Gesetz verlangt von Spitälern betriebswirtschaftliches Handeln. Gleichzeitig ist es ihnen verwehrt, die Preise der laufenden Teuerung anzupassen. Also müssen Kosten gesenkt werden. Bei Dienstleistungsbetrieben geht das nur über das Personal.
Nun haben wir aber im November 2021 der Pflege-Initiative mit einem Ja-Anteil von 61 Prozent zugestimmt. Damit bekräftigten wir den Willen, den Pflegenotstand zu bekämpfen und den Pflegeberuf attraktiver machen. Das ist mit höheren Kosten verbunden, anders gehts nicht. Oder wir bauen Leistungen ab. Aber das will das Volk auch nicht.
Gewiss: Es gibt noch andere Lösungen. Statt zu sparen, könnten die Spitäler dichtmachen. Die Berner Insel-Gruppe macht es mit der Schliessung ihrer Spitäler in Münsingen und im Stadtberner Tiefenauquartier vor. Eine Strukturbereinigung ist durchaus gewollt. Dadurch wird aber die Rentabilität der Spitäler kaum verbessert. Eine zweite Möglichkeit besteht darin, beim Kanton anzuklopfen, um das Defizit zu decken. Auch dazu gibts Beispiele: Das hoch verschuldete Kantonsspital Aarau ersuchte im November den Regierungsrat um eine Finanzhilfe von 240 Millionen Franken. Das ist zwar mit der eingangs genannten Spitalfinanzierung überhaupt nicht kompatibel, aber eben ein Beispiel, wie das Gesundheitswesen in der Schweiz funktioniert – oder eben nicht funktioniert.