Geleakte Daten decken auf
Dubiose Gelder aus Venezuela landen in der Schweiz

Der Fincen Daten-Leak zeigt: Die superreiche Familie Ceballos finanziert ihr Luxusleben mit Geld, das eigentlich für die Armen gedacht war. Ihr Vermögen versteckt sie in der Schweiz. Und das ist nicht der einzige Fall mit Bezug zur Schweiz.
Publiziert: 21.09.2020 um 15:38 Uhr
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Fincen-Files ist ein neues Daten-Leak der gleichnamigen US-Behörde, das das weltweite Journalisten-Netzwerk ICIJ aufgearbeitet hat.
Foto: imago/photothek
Franziska Scheven

Eigentlich sollten die 150 Millionen Dollar aus der staatlichen Che-Guevara-Mission in Armutssiedlungen bei Caracas fliessen. Aber: 22 Millionen Dollar kamen über Umwege in die Schweiz – und zwar auf das Konto der superreichen Familie Ceballos aus Venezuela.

Das belegen Recherchen des weltweiten Journalisten-Netzwerks ICIJ, bei dem auch der «Tages-Anzeiger» mitmacht. Sie berufen sich auf die sogenannten «Fincen Files». Sie sind nach der amerikanischen Meldestelle «Financial Crimes Enforcement Network» benannt, an die amerikanische Banker regelmässig Verdachtsfälle in Sachen Geldwäsche melden.

Das Pikante: Schweizer Banken und Firmen spielen bei 2051 Transaktionen eine Schlüsselrolle. So seien knapp acht Milliarden Dollar hierzulande verbucht worden. Insgesamt geht es bei allen Fällen weltweit um zwei Billionen Dollar.

In der Schweiz statt bei den Armen

So kam auch der Fall in Venezuela ans Licht. Der Baumogul Alejandro Ceballos (56) steckte angeblich einen Teil des Geldes für ein Bauprojekt in Colinas de San Francisco de Yare, südlich der Hauptstadt Caracas, in die eigene Tasche. So landeten 22 Millionen Dollar auf dem Privatkonto seines Sohnes in der Schweiz. Die Familie streitet die Vorwürfe ab. Das seien «Ersparnisse, Investments und persönliche Ausgaben» des Sprösslings, heisst es.

Die Amerikaner aber sehen das anders. Die Verträge für das Bauprojekt seien «fragwürdig» und voller Fehler und Widersprüchlichkeiten, hiess es laut Tamedia in einem Bericht vom Jahr 2013. Ausgerechnet Venezuela. Die Corona-Krise trifft das ohnehin verarmte Land derzeit mit voller Wucht.

Ceballos-Familie ist schon länger verdächtig

Die Familie Ceballos ist kein unbeschriebenes Blatt. Viel Luxus und wenig Information, wo das Geld genau herkommt, bestimmen das Bild der Familie. Das Geld gibt der Familienchef gern mit vollen Händen aus. Ceballos liebt edle Zuchtpferde und besitzt gleich mehrere davon. Seine Villa in Miami mit acht Schlafzimmern liege unweit der Rennstrecke und des Reitstalles seiner Vierbeiner, heisst es.

Einer der Söhne des Familienchefs will laut «Tamedia-Zeitungen» Sänger werden und gibt auf Youtube mit seinem Luxusleben auf teuren Jachten an. Die venezolanischen Behörden leiteten bereits im Jahr 2015 eine Untersuchung gegen die Familie ein. Demnach wurde zu viel Geld für den besagten Bau bezahlt.

Die Schweiz kommt überall vor

Der Fall Ceballos ist nicht der einzige Fall, den die Fincen Files ans Licht bringen und in dem die Schweiz wohl eine Schlüsselrolle spielt. Auch der russische Oligarch Semjon Mogilewitsch kommt darin vor. Ihm werden Schmuggeloperationen, Menschenhandel und Waffenhandel vorgeworfen.

Die amerikanische Bank JP Morgan gibt an, dass Milliardensummen ohne genaue Besitzverhältnisse in Verbindung mit Mogilewitsch verschoben wurden – unter anderem auf ein Konto bei der Credit Suisse in der Schweiz. Letztere weist den Vorwurf der Geldwäsche laut Tamedia aber von sich. Über den Russen gibt es sogar eine eigene Netflix-Serie.

In einem anderen Fall geht es um 4,5 Milliarden Dollar, die aus dem staatlichen venezolanischen Ölkonzern PDVSA verschwunden sind und später angeblich auf Schweizer Konten wieder auftauchen.

Schweiz ist attraktiv für Geldwäscher

Der frühere Leiter der Schweizer Meldestelle für Geldwäscherei (MROS) bestätigt die fragwürdige Rolle der Schweiz. «Wenn es um Geldwäscherei geht, wird in der Schweiz stets nur das absolute Minimum umgesetzt, das man aufgrund von Druck aus dem Ausland zwingend machen muss», sagte er den Zeitungen.

Die Schweiz sei weiterhin eines der sichersten Länder für illegales Geld. Der Bund und die drei Kantone Zürich, Genf und Tessin hätten 2015 zusammen 190 Millionen Franken beschlagnahmt. Im selben Jahr meldeten die Banken aber 25-mal mehr verdächtige Vermögen, nämlich 4,8 Milliarden Franken, so Thelesklaf. Seit 2016 meldeten sie sogar zwölf bis 17 Milliarden Franken pro Jahr. «Die Schweizer Behörden können also nur einen winzigen Bruchteil der gemeldeten Gelder einziehen.» (SDA/vnf)

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